Tor zu neuen Ufern-Weser Tower Bremen
Das höchste Bürogebäude der Wesermetropole ist ein klassisches Helmut-Jahn-Objekt geworden. Reduziert, einfach, transparent – obgleich nicht ganz so gläsern, wie es der Star-Architekt gerne gehabt hätte. Im Kontext der neuen Überseestadt – die Konversion des alten Hafengeländes in einen neuen Stadtteil mit kombiniertem Arbeits-, Freizeit- und Wohnraum – bildet der Turm ein eindrucksvolles Entrée.
Die geplante und teils schon realisierte Überseestadt erstreckt sich auf dem nun zugeschütteten Gebiet der ehemaligen Bremer Hafenreviere rechts der Weser. Wie in vielen anderen deutschen und europäischen Städten mit Zugang zum Wasser haben in Bremen wirtschaftliche und technische Strukturveränderungen dazu geführt, dass Hafenanlagen brach lagen und damit riesige Flächen in Stadtnähe ungenutzt waren. Das Areal der Überseestadt ist dreimal so groß wie die Bremer Innenstadt und hält damit viel Raum bereit für die angestrebte Mischnutzung aus Dienstleistung, Bürogewerbe, Logistik, Hafenwirtschaft, Freizeit, Wohnen und Kultur. Neben dieser Vielfalt macht vor allem das Nebeneinander von historischer Bausubstanz und moderner Gebäudegestaltung den besonderen Reiz des Quartiers aus. Denkmalgeschützte Industriearchitektur, wie beispielsweise der restaurierte Schuppen 2 am Europahafen, stehen Seite an Seite mit neu gebauten Wohneinheiten (das Weserufer etwa mit dem zwanziggeschossigen Landmark Tower) oder Bürogiganten wie dem Weser Tower.
Bruch mit der Flusslinie
Harmonie oder Disharmonie als gestalterisches Element – das ist heißer Diskussionsstoff, gerade wenn es um Bauwerke von öffentlicher Relevanz geht. Beim Weser Tower schieden sich die Geister bei der Frage nach seiner Ausrichtung zum Flussverlauf. Helmut Jahn und sein Planerstab wollten den Büroturm etwas angeschrägt zur Weser bauen, Repräsentanten der Stadt bevorzugten eine parallele Positionierung. Der Architekt setzte sich durch, und nun steht der Weser Tower um acht Grad versetzt zum Ufer. Ein weiteres konstruktives Merkmal stellen zwei rechtwinklig an die Fassade angelegte segelartige Stahl-Glaskonstruktionen dar, die den sonst in sich geschlossenen Baukörper seitlich verlängern. An zwei Fassadenteilen gegenüberliegend, verjüngt sich eine von oben nach unten und die andere von unten nach oben. Auch hier also ein Bruch mit den gewohnten Formen.
Transparenz erfordert anspruchsvolle Sonnenschutztechnik
Geplant war außerdem eine Fassade, deren Oberfläche wenige Störungen aufweist, möglichst plan und transparent ist. Das ließ sich nicht ganz realisieren, da der Mieter der Immobilie aufgrund der beabsichtigten Nutzung als Bürogebäude einen kleinteiligeren Grundriss der einzelnen Etagen und damit mehr Zwischenwände benötigte. Geschadet hat das dem Anspruch an größtmögliche Transparenz allenfalls in geringen Maßen. Im Innern verfügen die einzelnen Räume über bodenlange Verglasungselemente und der Lichteintrag ist entsprechend hoch. Um Blendung der Mitarbeiter und Überhitzung der Innenräume zu vermeiden, wurde ein Sonnenschutzsystem installiert, das spezifische Anforderungen erfüllen muss. Die außenliegenden Behänge und deren Befestigungskomponenten bestehen aus Edelstahl. Das ist nicht nur ein optisches Highlight an der Fassade, sondern das Metall verhindert auch Korrosion durch die salzhaltige Meeresluft. Außerdem sind sie äußerst windbeständig. Über die Steuerung lassen sich Sonnenschutz und Fenster wetter- und zeitabhängig aktivieren.
Zudem ist die Sonnenschutzsteuerung Teil des Konzepts einer nachhaltigen Bautechnik. Im Weser Tower sorgt eine Kombination aus Erdwärmenutzung, Betonkernaktivierung sowie dezentraler Lüftung durch Unterflurkonvektoren für ein ausgewogenes Raumklima und verringert Energieverluste. Nur in sommerlichen Spitzenzeiten wird eine Kältemaschine zugeschaltet. Eine dynamische Sonnenschutzsteuerung trägt in diesem Gesamtkonzept dazu bei, dass die Innenraumtemperaturen automatisch geregelt werden. Im Sommer veranlasst sie die rechtzeitige Beschattung der von der Sonne beschienenen Fassadenteile. Dadurch heizen sich die Innenräume nicht so stark auf. Im Winter bleiben die Behänge in nichtgenutzten Gebäudeteilen oben, so dass das Sonnenlicht die Räume wärmt und sich die Heizkosten reduzieren.