UNIKopter, ein interdisziplinäres Studentenprojekt der Universität Kassel will die Entwicklung, den Bau und Betrieb von Schwebeplattformen die als Versuchsträger für unterschiedliche Sensoren und Videoübertragungssysteme dienen, nach Praxisversuchen zur Überwachung von Hochspannungsmasten künftig ohne Fernsteuerung fliegen lassen.
Ein Forschungsteam um den Kasseler Professor Dr. Ing. Albert Claudi testet bereits seit drei Jahren einen Flugroboter, der Hochspannungsmasten überwacht.
Der Flugroboter ist ein Spezialist für das Überwachen von Hochspannungsleitungen. Er fliegt Strommasten ab und registriert Schäden an den Leitungen. Der Kopter ist kaum einen Meter groß, hat Kameras, spezielle Sensoren und ein Navigationssystem. Nun soll der Kopter intelligent werden – beispielsweise Hindernisse erkennen oder bei niedriger Batterie zur Ladestation zurückfliegen.
Ein Flug zum Strommast und zurück
Wie wichtig ein leistungsfähiges Stromnetz für moderne Gesellschaften ist, haben Stromausfälle wie in München Ende 2012 gezeigt. Zu einem stabilen Netz gehören auch regelmäßig gewartete Strommasten. Bisher werden Strommasten überprüft, indem Kontrolleure die Leitungen vom Boden aus mit einem Fernglas beobachten. Oder sie fliegen mit einem Hubschrauber an die Masten heran und dokumentieren den Zustand der Leitungen mit einer Filmkamera. Zukünftig könnte der Multikopter die Wartung übernehmen. Ein Vorteil: Er kann die Masten aus jeder Perspektive und aus kurzer Distanz filmen. Denn während ein Hubschrauber einen Sicherheitsabstand von einigen zehn Metern einhalten muss, dürfen Kopter bis auf einen Meter an den Mast heranfliegen.
„Durch die kurze Entfernung zum Mast liefert die Kamera des Kopters ein schärferes Bild“, sagt Claudi, „Schäden an den Isolatoren oder den Leiterseilen lassen sich somit viel leichter erkennen.“ Zusätzlich soll der Kopter Schäden aufspüren, die für das bloße Auge unsichtbar sind. Dafür sorgen Sensoren für die Messung mit Infrarot, Ultraschall und von elektromagnetischen Feldern. Innerhalb des Forschungsprojektes ist der Kasseler Kopter bereits erfolgreich geflogen. Weitere Feldversuche plant Claudi für das nächste Jahr.
Doch Claudi geht noch weiter. Sein Ziel ist es, die automatische Überwachung von Strommasten durch den Kopter zu ermöglichen – er soll selbstständig Hochspannungsleitungen umfliegen, Schäden an die Zentrale melden und auf kritische Situationen reagieren. Voraussetzung für einen autonomen Flug ist, dass der Kopter intelligent wird. „Kopter dürfen nur fliegen, wenn Menschen sie per Fernbedienung steuern oder jederzeit in Sichtweite das Modell übernehmen können“, erklärt Claudi das derzeit geltende Flugrecht, „damit will man Unfälle vermeiden. Denn ein unbeaufsichtigter Kopter könnte gegen Hindernisse prallen oder bei entladener Batterie abstürzen.“
Der Kasseler Kopter soll nun lernen, Gefahren selbst zu erkennen. Das könnte dazu beitragen, solchen Bedenken in Zukunft entgegenzutreten. Dafür arbeitet Claudi mit Wissenschaftlern und Studierenden anderer Disziplinen an der Universität Kassel zusammen, wie der Informatik, Bildverarbeitung, Flugtechnik, Nanotechnik oder Materialwissenschaft.
Der Weg zum intelligenten Kopter
In drei Schritten will Claudi dem Kopter das selbstständige Fliegen beibringen. Der erste Schritt, das Wegpunktfliegen, ist bereits geschafft: Der Kopter kann vorgegebene Geo-Koordinaten anfliegen, um dort kleine Aufträge zu erledigen, fertigt zum Beispiel ein Foto aus einer vorgegebenen Flughöhe an. Der zweite Schritt, das automatische Landen und Starten, soll im nächsten Jahr umgesetzt sein. Zurzeit sind Claudi und sein Team damit beschäftigt, den dritten Schritt zu vorzubereiten: Der Kopter soll auf Hindernisse reagieren können: Er soll beispielsweise ausweichen, wenn ein Mensch im Weg steht, oder einen alternativen Landeplatz finden, wenn dieser versperrt ist.
„Wir greifen auf Technik zurück, die Kasseler Forscher für künstliche Intelligenz entwickelt haben. Eine Herausforderung ist jedoch, dass wir in den Kopter keinen schweren Computer einbauen können“, erklärt Claudi, „der Kopter wiegt selbst nur zwei Kilogramm. Die technische Ausstattung müssen wir an sein geringes Gewicht anpassen, außerdem darf der Stromverbrauch nicht zu hoch werden.“
Hat das Kasseler Forschungsprojekt Erfolg, könnte das auch die Vision von Lieferrobotern realistischer machen. „Dass Kopter Haushalte beliefern – also zwischen Fußgängern umherfliegen – wäre zum heutigen Zeitpunkt viel zu gefährlich. Dazu müssten die Flieger noch intelligenter werden“, kommentiert Claudi die Idee der Lieferdienste. In fünf bis sechs Jahren könnten allerdings die ersten technischen Voraussetzungen dafür geschaffen sein, so Claudi.