Seit Veröffentlichung der novellierten Bioabfallverordnung im Jahr 2012 läuft deren Umsetzung nur langsam an. Immer häufiger spüren Abfallverwerter und Landkreise jetzt die ersten Auswirkungen. Weil die meisten Kompostplätze in den Kommunen nicht mehr den Vorschriften entsprechen, basteln verschiedene Landkreise an neuen Konzepten. Während erste Landkreise nachziehen und weitere zentrale Sammelplätze einrichten oder die Anlage erweitern um Kosten zu sparen, stehen im schlimmsten Fall einige Sammelstellen jedoch vor der Schließung.
Konsequenzen bei der Erfassung und Umsetzung
Mehr Handlungsdruck wird jetzt durch die kürzlich vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) verabschiedete Handlungshilfe [2] erwartet. Demnach ist Grüngut nicht mehr von Behandlungs- und Untersuchungs-
pflichten ausgenommen und muss somit den Bestimmungen der seuchen- und phyto-
hygienischen Unbedenklichkeit entsprechen. Für Kompostierungs- und Vergärungsanlagen gelten daher neue Herausforderungen bei den Anwendungsregelungen.
Im Januar haben Bund und Länder die Hinweise zum Vollzug der novellierten BioAbfV 2012 gemeinsam fertiggestellt. Mit dem Vollzug ergeben sich für die Bearbeitung von Bioabfällen neben der Prozessprüfung und Dokumentation auch weitreichende Vorgaben zur Hygiene der Bioabfallkomposte und Gärrückstände. Auf die kommunalen Entsorgungsunternehmen und Eigenbetriebe kommen mit der Novelle weitreichende Pflichten zu, die auch eine Überprüfung der Altverträge notwendig machen könnte. Mit der Neuregelung muss die Behandlung von Grünabfällen überprüft und gegebenenfalls an die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden. Auch wenn derzeit noch keine hektische Betriebsamkeit vorzufinden ist, befasst sich eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern weiterhin mit den praktischen Umsetzungshindernissen.
Der Branche sind die Regelungen schon lange bekannt, doch die schleppende Umsetzung, undeutliche Auslegungsbestimmungen der Verordnung und mögliche Kostensteigerungen ließen die Entsorgungsträger zögern, weiß Reiner Glock, Geschäftsführer der BIODEGMA GmbH. „In den letzten Jahren führte die Novelle bei Entsorgungsbetrieben oder deren Beauftragte zu zahlreichen Verunsicherungen. Ein weiter so in der Grünabfallbehandlung wird es in vielen Kommunen nicht geben. Hier könnte sich durch die zusätzlich zu behandelnden Abfallmenge ein Umbau oder eine Erweiterung bestehender Systeme notwendig machen. Mit der Handlungshilfe haben die Beteiligten jetzt nachvollziehbare Ausführungsbestimmungen die wir als Verfahrensgeber und Hersteller von Kompostierungsanlagen zum Umgang mit Grünabfällen umfassend und rechtskonform abbilden können. Dabei entwickeln wir mit dem Kunden vor Ort kostengünstige Lösungen die auch regionale Voraussetzungen wie Einrichtungen, Bodenverhältnisse, Landwirtschaft und behördliche Vorgaben berücksichtigen. Unsere modularen Intensivrotten die eine Kompostierung bereits nach 21 Tagen ermöglichen tragen hier beträchtlich zur Senkung der Kosten bei“, so Glock weiter.
Änderungen für bestehende Kompostierungs- und Vergärungsanlagen
Nach den Vorschriften ist Grüngut ebenso zu behandeln wie andere Bioabfälle. Änderungen ergaben sich auch für die Verwertung von unbehandeltem Grüngut (Grünhäcksel). Das Aufbringen von unbehandeltem Grüngut (Grünguthäcksel) auf Flächen im Geltungsbereich der Bioabfallverordnung entspricht demnach mit dem Inkrafttreten der Novelle nicht mehr den geltenden Rechtsbestimmungen. Bei der Verwertung von Grüngut auf landwirtschaftlichen Flächen gelten mit Inkrafttreten der Bioabfallverordnung auch die Nachweispflichten nach BioAbfV(Chargennummern und Rückverfolgbarkeit der Grünabfälle). Ferner ist bei jeder Aufbringung das Lieferscheinverfahren nach BioAbfV durchzuführen. Die zuständige Behörde kann unter bestimmten Voraussetzungen für Grüngut Freistellungen von den Behandlungs- und Untersuchungspflichten erteilen. Ganz grundsätzlich ist festzuhalten, dass die pauschale Befreiung von den Behandlungs-und Untersuchungspflichten für Grüngut bewusst aufgehoben wurde.
Für bestehende Grüngut-Kompostierungsanlagen bedeutet die Behandlungspflicht, dass eine Prozessprüfung durchgeführt werden muss, hier galt eine Übergangsfrist von 18 Monaten, d.h. bis zum 1. Oktober 2013. Weiter gelten die Anforderungen an die Prozessüberwachung (Temperaturmessungen und Dokumentation) mit 12 Monaten Übergangsfrist, welche ab spätestens 1. Mai 2013 gilt. Für Biogasanlagen gilt das Vorgenannte ebenso (etwa im Fall des Einsatzes von Landschaftspflegeabfällen in NawaRo- Biogasanlagen). Kompostierungsanlagen, die der RAL -Gütesicherung unterliegen, können anstelle der aufwändigen Prozessprüfung auf bestehende Konformitätsprüfungen der Gütesicherung zurückgreifen. Die Bescheinigung über die Konformitätsprüfung war der zuständigen Behörde bis zum 31. Juli 2012 vorzulegen.
Dazu gehören umfassende Vorgaben zur Hygiene der Bioabfallkomposte und Gärrückstände. Diese dürfen nicht zur Verbreitung tierischer und pflanzlicher Krankheitserreger beitragen. Auch für die Belastung mit Schwermetallen sind strenge Grenzwerte festgelegt. Die Bioabfallkomposte und Gärrückstände müssen regelmäßig auf Schadstoffgehalte untersucht werden. Daneben müssen grundsätzlich auch die Aufbringungsflächen bei der erstmaligen Aufbringung von Bioabfällen auf Schadstoffgehalte untersucht werden. Eine Aufbringung von Bioabfällen auf vorbelastete Flächen ist nicht zulässig. Die Lieferanten des Bioabfalls müssen regelmäßig die Untersuchungsergebnisse bei der zuständigen Behörde vorlegen und ihre Abnehmer benennen.
Vor der Novelle konnten noch Feinanteile aus der Grüngutaufbereitung unbehandelt in der Landwirtschaft als Dünger genutzt werden. Mit der neuen Verordnung sind diese jetzt ebenfalls zu behandeln. Eine offene Mietenkompostierung stellt sich nach der Novelle als problematisch dar. Damit die Anlagen wirtschaftlich betrieben werden können, eignen sich geschlossene Systeme zur Kompostierung, erklärt BIODEGMA, Geschäftsführer Ralf Müller an einem Beispiel. „Durch zu behandelnde Feinanteile kann der Grünabfallanteil mal schnell um 40% steigen und somit Zusatzkosten erzeugen. Sinnvoll sind modulare Anlagenerweiterungen. Hier setzen wir mit unserem seit Jahren erprobten und in der Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. geführten Verfahren [1] an. Anwendungsspezifisch optimierbar können auf bestehenden Plätzen Grünabfälle durch modulare Intensivrotten nachweisbar hygienisiert und später in der Landwirtschaft problemlos verarbeitet werden. Die kostengünstige Verfahrenstechnik hat sich bereits weltweit in über 50 Anlagen mit einer Kapazität von mehr als einer Million Tonnen bewährt. In Israel ist künftig ebenfalls keine offene Mietenkompostierung mehr erlaubt. Im Februar konnten wir die erste geschlossen Kompostanlage mit einer Kapazität von 25.000 Tonnen pro Jahr in Betrieb nehmen“, ergänzt Müller stolz.
Die Änderungen der Bioabfallverordnung bei der Verwertung von Grüngut betreffen unter andern: Verwerter von Grüngut, zuständige Behörden, öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und Bewirtschafter von Flächen. Zu dem Grüngut, das von den neuen Vorschriften betroffen ist, gehören die in Anhang 1 Nr. 1a BioAbfV (Abfallschlüssel 20 02 01) genannten biologisch abbaubaren Abfälle wie Friedhofsabfälle, Abfälle von Sportanlagen und Kinderspielplätzen, Landschaftspflegeabfälle und Gehölzrodungsrückstände, pflanzliche Abfälle aus der Gewässerunterhaltung, sowie Bestandteile des Treibsels. Daraus ergeben sich Behandlungs- und Untersuchungspflichten von der Prozessprüfung ( Prüfung des eingesetzten Behandlungsverfahrens nach BioAbfV), Prozessüberwachung
(Kontinuierliche Temperaturmessungen und Nachweis der Einhaltung der Anforderungen an die hygienisierende Behandlung), sowie Prüfung der abgabefertigen Dünger nach BioAbfV. Dabei sind Bodenuntersuchungen bei der Erstaufbringung von Grüngut auf landwirtschaftlichen Flächen auf Schwermetalle durchzuführen und die Ergebnisse der zuständigen Behörde vorzulegen. Bereits vorliegende Untersuchungen wie etwa nach der Klärschlammverordnung können unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt werden. In vielen Fällen ist durch den zusätzlichen Behandlungsaufwand oder bei einem Um- bzw. Ausbau bestehender Anlagen mit zusätzlichen Kosten für die Landkreise zu rechnen.
Für Kommunen mit mehreren kleinen Grüngutsammel- oder Häckselplätzen, die das gehäckselte Grüngut bisher einer direkten Verwertung im Weinbau oder in der Landwirtschaft zugeführt haben, stellen die Neuregelungen vor neuen Herausforderungen. Hier ist zu beachten, dass im Rahmen der regionalen Verwertung die zuständige Behörde unter bestimmten Voraussetzungen Freistellungen von den Behandlungs- und Untersuchungspflichten von Grüngut erteilen können. Ganz grundsätzlich ist festzuhalten, dass die pauschale Befreiung von den Behandlungs- und Untersuchungspflichten für Grüngut bewusst aufgehoben wurde.
Der Verordnungsgeber lässt Freistellungen ausdrücklich zu. Die zuständige Behörde kann im Einvernehmen mit der zuständigen landwirtschaftlichen Fachbehörde im Einzelfall Freistellungen zulassen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dass der Grünabfall nach der bisher geltenden Bioabfallverordnung freigestellt war, wird als Begründung für eine Freistellung aber wohl nicht ausreichen. Es ist außerdem mit einer unterschiedlichen Genehmigungspraxis in den Bundesländern zu rechnen.
[1] Beim BIODEGMA-Verfahren wird der Bioabfall in mit semi-permeablen Abdeckplanen verschlossenen Intensivrotteboxen eingebracht und mit einer gesteuerten Druckblüftung mit Sauerstoff versorgt. Das semi-permeable Abdecklaminat sorgt für kontrollierte Rottebedingungen und reduziert gleichzeitig signifikant die Geruchsemissionen. Somit zeichnet sich die Technologie nicht nur durch niedrige Wartungskosten sondern auch durch einen sehr geringen Energieverbrauch aus. Die Verweilzeit in der Intensivrotte beträgt 3 Wochen.
Hinweise zum Vollzug im Web unter der BioAbfV [2] : http://www.bmub.bund.de
Experten im Gespräch:
IFAT 2014 Halle B3 Stand 360
Ansprechpartner: BIODEGMA GmbH
Ralf Müller, Geschäftsführer
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Phone: +49-7141-6 88 88-0
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