Österreich kann bis im Jahr 2050 energieautark werden, also die erforderliche Energie für Industrie, Verkehr und Gebäude im Land erzeugen. Zu diesem Schluss kommt eine vom Umweltministerium in Auftrag gegebene Studie unter der Leitung des Innsbrucker Uni-Professors Wolfgang Streicher.
„Bis 2050 könnte Österreich ausreichend Energie aus Wasser, Sonne, Wind und Biomasse erzeugen“, sagte Umweltminister Nikolaus Berlakovich (V) am Mittwoch (26. Januar) vor Journalisten. Studienleiter Streicher kritisierte die Förderpolitik im Bereich Windkraft: „In diesem Bereich ist sehr viel vernachlässigt worden“.
Starke Steigerungen bei Photovoltaik, Windenergie, Solarthermie, Umweltwärme und tiefe Geothermie seien notwendig um das Ziel der Energieautarkie zu erreichen, so der Experte. Weiters sollte die Leistung der Pumpspeicherkraftwerke für die Wasserkraft zwischen 85 und 130 Prozent gesteigert werden. Um Energieautarkie bis 2050 zu erreichen, seien politische Rahmenbedingungen bereits heute zu setzen, mahnte Streicher.
Im Rahmen eines „Autarkiefahrplans“ sollen ab April 2011 in- und ausländische Experten an einem Bericht arbeiten. Weiters werden „Stakeholder“ wie NGOs eingebunden und eine „breite Diskussion“ mit der Bevölkerung stattfinden. Zu den Kosten für das Projekt „Energieautarkie“ wollte der Umweltminister keine näheren Angaben machen: Die „Energiestrategie“ der Regierung für 2020 sei Grundlage des „Autarkiefahrplans“, so Berlakovich.
Studienleiter Streicher forderte langfristige Förderungen für erneuerbare Energien um Industrien in diesem Bereich aufzubauen. Förderungen kurzfristig zu stoppen und dann wieder aufzunehmen sei kontraproduktiv. Bei Gebäuden ortet der Experte ein Energiesparpotenzial von rund 50 Prozent durch Sanierungen und den Bau von Passivhäusern. Um rund 70 Prozent Energieeinsparung im Bereich Verkehr zu erreichen sei der „starke Ausbau des öffentlichen Verkehrs notwendig“ und den „Güterverkehr auf die Schiene zu bekommen“ sowie Drei-Liter-Autos für den Individualverkehr. In der Industrie könne man bis 35 Prozent einsparen.
Reaktionen großteils positiv
Auf Großteils positive Resonanz sind die Pläne zur „Energieautarkie“ gestoßen. „Entscheidend ist aber, dass sofort mit der Umsetzung begonnen wird“, meinte etwa die Umweltsprecherin der Grünen, Christiane Brunner, in einer Reaktion. „Erster Lackmusstest für die Glaubwürdigkeit von Berlakovichs neuerlichen vollmundigen Ankündigungen ist die Novellierung des Ökostromgesetzes in diesem Frühjahr“, so Brunner.
„Voll unterstützt“ werden auch die Pläne von FPÖ-Energiesprecher Norbert Hofer, er forderte aber die Kompetenzen für Energie und Umwelt in der Bundesregierung zusammenzuführen. ÖVP-Umweltsprecher Hermann Schultes verwies auf das wirtschaftliche Potenzial, das Österreichs Weg in die Energieautarkie mit sich bringen würde. Kritik hingegen gibt es vom BZÖ: „Die Präsentation der sogenannten „Energieautarkie-Studie“ von Umweltminister Berlakovich war eine Aneinanderreihung von PR-Slogans ohne Inhalt“, so BZÖ-Umweltsprecher Robert Lugar.
Auch Brachenvertreter und NGOs wie die IG Windkraft begrüßten die Pläne von Berlakovich, Österreich bis 2050 energieautark zu machen – nämlich von Öl- und Gasimporten unabhängig zu sein und den Energiebedarf in Österreich durch Erneuerbare Energien zu decken. Die Interessenvertretung der E-Wirtschaft begrüßt vor allem die Rückendeckung des Umweltministers für den Wasserkraftausbau. Auch die Kleinwasserwirtschaft freut sich und ist bereit, zusammenzuarbeiten, wie Christoph Wagner, Präsident von Kleinwasserkraft Österreich, ankündigt.
„Damit Energieautarkie in Österreich realisiert wird und nicht nur Gegenstand wissenschaftlicher Studien bleibt, müssen Blockaden in Industrie und Wirtschaft aufgebrochen werden“, forderte Johannes Wahlmüller, Klimasprecher von Global 2000. Österreich brauche einen ambitionierteren Ausbau erneuerbarer Energieträger. Der geplante Ausbau auf 34 Prozent bis 2020 bedeute aber nur einen Ausbau von 4 Prozent in zehn Jahren. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) fordert einen stärkeren Infrastrukturausbau für das Gehen und Radfahren sowie ein verstärktes Bahn- und Busangebot.