Unbemanntes Forschungsflugzeug erforscht Troposphäre
Leipziger Wissenschaftler haben erstmals unbemannte Flugzeuge mit Instrumenten ausgerüstet, um sie für die Untersuchung von Aerosolen – umgangssprachlich auch Feinstaub genannt – nutzen zu können. Die Geräte der Technischen Universität Braunschweig, der Universität Tübingen und des Leibniz-Institutes für Troposphärenforschung (TROPOS) wurden im Oktober in der Nähe von Torgau getestet.
In Melpitz bei Torgau, 50 Kilometer nordwestlich von Leipzig, unterhält das TROPOS eine Messstation, die Teil des globalen Erdbeobachtungssystem der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ist und den Kern der jüngsten Wolkenmesskampagne bildete. Die Neuentwicklungen sollen helfen, Partikelneubildungen zu untersuchen, die zum Entstehen von Wolken führen.
Zum Einsatz kam dabei ein unbemanntes Flugzeug (unpiloted aerial vehicle – UAV): ALADINA ist ein UAV vom Typ „Carolo P360“, das am Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme der TU Braunschweig entwickelt wurde. “ALADINA” ist eine Art Hightech-Modelflugzeug: Es hat eine Flügelspanne von 3,6 Metern, wiegt 22 Kilogramm und kann bis zu 2,5 Kilogramm Nutzlast transportieren. Der Akku erlaubt eine Flugzeit von bis zu 30 Minuten und eine Geschwindigkeit von bis zu 80 Kilometern pro Stunde. Wissenschaftler der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung in Leipzig rüsteten es für diesen Einsatz mit modifizierten, sehr kleinen und leichten Messgeräten aus. Diese ultraleichten, kommerziellen Feinstaubmessgeräte können Aerosole zwischen 0.3 und 5 Mikrometern erfassen. Dazu kamen noch Turbulenz-, Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren, die die Universität Tübingen entwickelt hat. Von ihr stammte auch das Datenerfassungssystem, das alle Daten live zur Bodenstation übermittelt. Ebenfalls getestet wurde das System MASC (Multi-purpose Airborne Sensor Carrier), ein Forschungs-UAV der Arbeitsgruppe Umweltphysik an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, das fluggestützte Meteorologie ermöglichen soll.
Mit ALADINA konnte die Konzentration und Größe von Schwebeteilchen bis in 1000 m Höhe gemessen werden. Wissenschaftler des Braunschweiger Instituts für Flugführung (IFF), nahmen dazu Anfang Oktober an einer Messkampagne in Melpitz bei Leipzig teil. Von besonderem Interesse ist die kleinräumige Verteilung von Partikeln, die je nach Wetterbedingungen sehr stark variieren kann. Die Wissenschaftler wollten mit dem Flugzeug das Vorkommen und die Entstehung von neuen, sehr kleinen Partikeln in der Atmosphäre untersuchen. Bei den ersten Flügen wurden verschiedene Schichten mit erhöhter Aerosol-Konzentration durchflogen. Die Daten werden in den nächsten Monaten ausgewertet.
„Unbemannte Flugzeuge könnten das Potenzial haben, bei atmosphärischen Aerosolmessungen die Lücke zwischen Langzeitmessungen vom Boden und kostenintensiven Hubschraubermessungen zu schließen“, erläutert Dr. Birgit Wehner vom TROPOS, die sich auf die Vor-Ort-Messung von Aerosolen als Keime für Wolkentropfen spezialisiert hat. „Als Ergänzung zu den bisherigen Messungen könnten die Beobachtungen mit unbemannten Flugzeugen ermöglichen, kleinskalige und kurzzeitige Schwankungen des Aerosols in der Luft zu geringen Kosten mit minimalen logistischen Aufwand zu untersuchen.“ In-situ-Messungen im Bereich der Wolkenbildung oder in Wolken stellen für die Wolkenforscher nach wie vor eine finanzielle und logistische Herausforderung dar.
Dass Wolken die große Unbekannte im Klimasystem der Erde sind und in den Klimamodellen noch nicht ausreichend genau abgebildet werden, hat auch der Ende September erschienene erste Teil des fünften IPCC-Sachstandsberichts erneut unterstrichen. An dem Bericht des Weltklimarates wirkten Hunderte von Wissenschaftlern mit. Im Fokus der aktuellen Wolkenforschung steht daher die Frage: Wie verändern sich Wolkenbildung und Niederschläge bei verschiedenen Erwärmungsgraden in einzelnen Regionen? Um Antworten darauf geben zu können, arbeiten die Wissenschaftler daran, die Prozesse, die zur Bildung von Wolken führen, besser zu verstehen.