Ab 2011 sind Energieversorger verpflichtet, variable Strompreise anzubieten. Eine neue Software-Plattform für Energiemanagement erlaubt es Kunden künftig, flexible Tarife zu beziehen. Sie können den Strom beispielsweise zu kostengünstigen Zeiten nutzen. Auch die Netze werden besser ausgelastet.
Angesichts stetig steigender Strom- und Heizkosten besinnen sich immer mehr Verbraucher aufs Energiesparen. Der Staat hilft: Ab 2011 müssen die Energieversorger variable Strompreise anbieten (EnWG § 40,3). Diese sollen die Kunden anregen, ihren Verbrauch bewusst zu steuern. Hier setzt auch eine neue, offene Software-Plattform an. Sie soll Mieter und Wohnungseigentümer künftig beim Umgang mit den flexiblen Tarifen und beim intelligenten Energieverbrauch unterstützen. Entwickelt wurde das OGEMA-Framework (Open Gateway Energy Management Alliance) vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES in Kassel. Die Java-basierte, frei erhältliche Open-Source-Plattform für Energiemanagement verbindet die Energieverbraucher und -erzeuger mit den Leitstellen der Netzbetreiber und Energieversorger. Über ein Display können Kunden einen variablen Strompreis beobachten und zu kostengünstigen Zeiten beispielsweise die Spülmaschine starten. »Über variable Tarife lässt sich die Nachfrage nach Strom steuern. Ist die Auslastung gering, könnte der Strom günstiger angeboten werden. Das macht es für Verbraucher lukrativ, beispielsweise nachts die Waschmaschine laufen zu lassen. Flexible Preise bieten einen Anreiz, den Stromverbrauch vermehrt in die Zeiten zu verlagern, in denen etwa ein Überangebot an Windenergie besteht. Schließlich wird es mit dem Wandel hin zu erneuerbaren Energien immer wichtiger, seinen Verbrauch an das Angebot anzupassen«, erläutert Dr.-Ing. Philipp Strauß, Bereichsleiter am IWES, das Konzept der Software.
Doch wer will schon mehrmals am Tag die Strompreisentwicklung beobachten. Daher haben die Forscher für das OGEMA-Framework eine Software namens BEMI (Bidirektionales Energiemanagement-Interface) programmiert, welche diese Aufgabe übernimmt. Sie steuert Geräte wie Kühlschrank, Waschmaschine, Wärmepumpe und Klimaanlage automatisch. Doch nicht nur die IWES-Forscher dürfen für OGEMA programmieren: Analog zu anderen Open-Source-Projekten wie Linux kann jeder Entwickler seine Ideen, wie Energie automatisiert und effizienter eingesetzt werden soll, in Software für die Plattform umsetzen. »Bislang gibt es noch kein offenes System für den Home-Automation-Bereich, das es verschiedenen Herstellern ermöglicht, Apps dafür zu erstellen«, betont Dr.-Ing. David Nestle, IWES-Gruppenleiter, die Besonderheit des OGEMA-Frameworks.
Um das Konzept weiter zu entwickeln und bekannt zu machen, hat das IWES im Sommer dieses Jahres die OGEMA-Allianz gegründet. Einige Unternehmen wie der Mannheimer Energieversorger MVV und der Solargroßhändler Entrason sind bereits beigetreten. »Wir hoffen, dass in kurzer Zeit zahlreiche Anwendungen entstehen. Sie sollen die Bedürfnisse von Privathaushalten und kleinen Gewerbebetrieben abdecken«, sagt Nestle. Denkbar sind Apps, die den Betrieb von Elektrogeräten an die Stromerzeugung der eigenen Photovoltaikanlage anpassen oder einzelne Heizkörper zeitlich mit dem Tagesablauf der Kunden abstimmen.
Derzeit entwickeln die Forscher die erste Version der OGEMA-Software. Sie wird noch dieses Jahr kostenlos zum Download angeboten: www.ogema-alliance.org. Im Rahmen des E-Energy-Projekts Modellstadt Mannheim sowie des EU-Projekts SmartHouse/SmartGrid startet am 1. Oktober 2010 ein erster Feldversuch: Zunächst wird der Einsatz in 200 Haushalten getestet. Im kommenden Jahr ist ein Feldversuch mit 1500 Kunden geplant.