ÖPP-Modelle im Bundesfernstraßenbau
In Deutschland gibt es 52.500 Kilometer Bundesfernstraßen (Stand März 2012) – davon sind 12.800 Kilometer Bundesautobahnen und 39.700 Kilometer Bundesstraßen. Eigentümer dieser ist laut Grundgesetz Artikel 90 der Bund. Ihm obliegt auch die Finanzierung dieses Bestandsnetzes sowie entsprechender Neubaumaßnahmen. Das geschieht aus konventionellen Mitteln aus dem Bundeshaushalt, seit 2005 Einnahmen aus der Lkw-Maut auf Bundesautobahnen sowie seit August 2012 auch aus Einnahmen aus der Lkw-Maut auf ausgewählten Bundesstraßen. Die Erfüllung der Sachaufgaben bzw. die Umsetzung übernehmen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung die Bundesländer in eigener Wahrnehmungskompetenz.
In den letzten zehn Jahren haben sich in Deutschland Öffentlich Private Partnerschaft (ÖPP)-Modellstrukturen entwickelt, auf deren Grundlage private Unternehmen Schulen, Krankenhäuser, Justizvollzugsanstalten, Verwaltungsgebäude, IT-Vorhaben, Sportstätten sowie auch Straßen realisieren. Diese ÖPP-Modelle werden hinsichtlich des vom Privaten zu erbringenden Leistungsumfanges, der Vergütungsstruktur, der Risikoübernahme und der Frage, ob und auf welche Weise privates Kapital zur Vorhabenrealisierung eingesetzt wird, unterschieden.
ÖPP im Bundesfernstraßenbau
Der Leistungsumfang bei den ÖPP-Modellen im Bundesfernstraßenbau umfasst den Ausbau von Autobahnabschnitten sowie den Erhalt und Betrieb der Vertragsstrecke über einen Zeitraum von im Regelfall 30 Jahren. Nach Ablauf der Vertragszeit geht die Aufgabendurchführung auf dem Streckenabschnitt wieder auf Bund und Land über. Der Zustand des Streckenabschnitts während und am Ende der Vertragslaufzeit ist vertraglich mit dem privaten Partner vereinbart.
Bisher sind hierbei verkehrsmengenabhängige und verfügbarkeitsorientierte Vergütungsstrukturen umgesetzt worden. Auf die Besonderheiten des F-Modells nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz wird bei diesen Ausführungen nicht eingegangen. Bei den verkehrsmengenabhängigen Vergütungsstrukturen wird der Private anhand des Verkehrsaufkommens der schweren Lkw (ab 12 Tonnen) auf dem Streckenabschnitt und bei der verfügbarkeitsorientierten Vergütung nach der Verfüg- bzw. Nutzbarkeit der Strecke und der Qualität der Leistungserbringung vergütet.
Die Risikoverteilung ist das zentrale Element in einem ÖPP-Vorhaben. Diese ist im Projektvertrag (bei Konzessionsprojekten = Konzessionsvertrag) festgelegt. Grundsätzlich werden bei den ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau die Planungsverfahren von der öffentlichen Seite durchgeführt. Die private Seite erstellt anschließend die Detailplanung und erbringt die Bauleistung. Darüber hinaus trägt der Private auch weitgehende Risiken hinsichtlich Betrieb und Erhaltung der Strecke.
Finanzierung der ÖPP-Projekte
Die Anfangsinvestitionen der ÖPP-Projekte werden in der Regel sowohl aus dem Bundeshaushalt als auch durch privates
Kapital finanziert. Das private Kapital wird in Form einer Projektfinanzierung eingebracht (siehe auch Abb. 1). Im Regelfall ist bei einer Projektfinanzierung der Kreditnehmer eine speziell gegründete Projektgesellschaft. Die Bank als Fremdkapitalgeber trifft ihre Kreditentscheidung auf Basis der Projektverträge und auf Basis der zukünftigen Entwicklungen. Dingliche Sicherheiten, wie zum Beispiel bei Immobilienkrediten, stehen bei einer Projektfinanzierung
nicht zur Verfügung, da der Private nicht Eigentümer der Strecke ist. Die Stabilität in der Finanzierung wird durch eine strikte Strukturierung der Finanzierung und ein enges Monitoring seitens der Kapitalgeber erreicht. Die öffentliche Finanzierung bzw. die eingegangenen finanziellen Verpflichtungen im Bundeshaushalt werden regelkonform als Belastung zukünftiger Haushaltsjahre mit Hilfe von Verpflichtungsermächtigungen ausgewiesen und so transparent gemacht.
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung entscheidend
Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU) spielt bei der Vorbereitung und Vergabe von ÖPP-Projekten eine besonders große Rolle, da ein ÖPP-Projekt nur dann realisiert werden kann, wenn es wirtschaftlicher ist als die konventionelle Beschaffung. Eine WU besteht aus einem Kosten- und einem Nutzenvergleich.
Im Kostenvergleich werden sämtliche Kosten und Risiken eines Projektes über den Lebenszyklus (Vertragslaufzeit) sowohl für die konventionelle als auch für die ÖPP-Beschaffungsvariante prognostiziert und miteinander barwertig verglichen.
Im Nutzenvergleich werden unterschiedliche Nutzenwirkungen der Beschaffungsvarianten auf Basis der Methodik der Bundesverkehrswegeplanung berücksichtigt.
In Deutschland wurden bisher sechs ÖPP-Pilotprojekte umgesetzt. In einer ersten Staffel waren das vier Pilotprojekte, von einer zweiten Staffel sind bisher zwei Projekte vergeben worden (siehe auch Abb. 2).
Die Ziele bei der Einführung der ÖPP-Projekte im Bundesfernstraßenbau wie
- hohe Effizienz durch eine Lebenszyklusbetrachtung
- schnellere Realisierung von Bundesautobahnausbau- und -erhaltungsmaßnahmen, kürzere Verkehrsbeeinträchtigung und
- Förderung von Innovationen im Bereich Bau, Betrieb und Erhaltung
sind bisher weitgehend erreicht worden. Die realisierten Projekte zeigen, dass durch den Lebenszyklusansatz die Ausführungsqualität überwiegend auf einem hohen Niveau erbracht wird. Die engen zeitlichen Vorgaben, insbesondere in der Planungs- und Bauphase werden bisher bei sämtlichen Projekten eingehalten. Die weitgehend funktionale Ausschreibung der Leistungen vermeidet weitgehend Nachträge und Innovationen sind festzustellen.
Der Inhalt dieses Beitrages war Thema des Vortrages von Frank Ulber, Leiter Infrastrukturprojekte und Finanzierung der VIFG, auf der 4. Internationalen Fachtagung Lärmschutz 2012, am 16. November, in Dortmund. Die Präsentation sowie weitere Informationen zu diesem Thema finden Interessierte unter www.vifg.de.
© umweltdienstleister.de 2012
Alle Rechte vorbehalten