Pilotanlage geht in Betrieb: Agrarforscherinnen der Universität Hohenheim testen Kulturpflanzen auf Eignung zum Anbau unter Solarpanelen / Ein Werkstattbericht
Oben Solarpanele, unten Nutzpflanzen – das ist die bestechend einfache Idee hinter der Agrophotovoltaik. Die doppelte Nutzung einer Fläche auf zwei Etagen kann die Produktion von Nahrungsmitteln und Energie kombinieren. Was man bei der Umsetzung in die Praxis beachten muss, erforschen jetzt Wissenschaftlerinnen der Universität Hohenheim und ihre Kooperationspartner. Die Pilotanlage am Bodensee wurde am 18.9.2016 eingeweiht. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt an der Universität Hohenheim mit fast 600.000 Euro – ein Schwergewicht der Forschung.
Landwirte müssen sich bisher entscheiden: Wenn sie Solarmodule auf einer Fläche aufstellen wollen, ist eine landwirtschaftliche Nutzung des Bodens nur noch bedingt möglich. Dieses Dilemma will die Agrophotovoltaik nun lösen.
„Flächenressourcen stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung“, erklärt Prof. Dr. Petra Högy vom Fachgebiet Pflanzenökologie und Ökotoxikologie an der Universität Hohenheim. „Daher macht es Sinn, Flächen doppelt zu nutzen, also für die Nahrungsmittel- und für die Energieproduktion. Und das muss so geschickt erfolgen, dass die Pflanzen unter den Solarpanelen weiterhin gut wachsen können.“
Um landwirtschaftliches Arbeiten zu ermöglichen, greifen die Forscher zu einem Trick: Die Solarpanele sind in sieben Meter Höhe installiert, was selbst einem Mähdrescher die Durchfahrt gestattet. Die Grundidee stammt schon aus den frühen 1980er Jahren vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), das auch jetzt die Projektleitung innehat. Sie soll nun in der Praxis erprobt werden.
Agrophotovoltaik-Pilotanlage in der Region Bodensee-Oberschwaben
Eine Pilotanlage, die rund 62 Haushalte mit Strom versorgen kann, steht seit kurzem auf dem Grund des Praxispartners der Universität Hohenheim, der Hofgemeinschaft Heggelbach am Bodensee. „Ein Demeter-Betrieb“, betont Dr. Sabine Zikeli, Koordinatorin für Ökolandbau an der Universität Hohenheim. „Der ökologische Landbau ist also gar nicht so technikfeindlich, wie es dieser Wirtschaftsweise oft unterstellt wird.“
„Bei der doppelten Flächennutzung erwarten wir zwar unter unseren Klimabedingungen etwas geringere Pflanzenerträge, aber dafür werden gleichzeitig erhebliche Mengen an regenerativer Energie erzeugt“, erläutert Prof. Dr. Iris Lewandowski, Expertin für nachwachsende Rohstoffe an der Universität Hohenheim.
Sie fügt hinzu: „Das dient nicht nur der Nachhaltigkeit, sondern schafft auch eine neue Einkommensmöglichkeit für die Landwirte. In trockeneren und heißeren Regionen kann die teilweise Beschattung der Fläche durch die APV-Anlagen aber auch von Vorteil für die Pflanzenproduktion sein.“
Vier Kulturarten im Vergleich
Rund 2,4 Hektar umfasst die Versuchsfläche, wovon die Forschungsanlage ein Drittel Hektar belegt. Auf der restlichen Fläche legen die Agrarwissenschaftlerinnen eine Referenzfläche mit der gleichen Bepflanzung, aber ohne Solarpanele, an.
„In den nächsten zwei Jahren werden wir Kleegras, Winterweizen, Kartoffeln und Sellerie in einer Fruchtfolge testen, die an den Betrieb angepasst ist“, so Prof. Dr. Högy. Das Kleegras wächst bereits, Winterweizen soll Ende September ausgesät werden, und die anderen beiden Kulturen werden im nächsten Frühjahr folgen.
Weitere Informationen: www.agrophotovoltaik.de