Vibrationen erzeugen Strom

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MicroNanoTec zeigt innovative Energy-Harvesting-Lösungen


Hannover. Elektronik in der Hosentasche, Sensoren in Kraftfahrzeugen, Messsysteme in Produktions-anlagen oder Minicomputer an Fahrrädern – all diese Geräte haben zwei Dinge gemeinsam: Erstens benötigen sie Strom, um zu funktionieren. Und zweitens bekommen sie ständig Stöße ab, werden hin- und hergeschüttelt. Diese Vibrationen und Schwingungen liefern – richtig umgesetzt – genau die Energie, die für den Betrieb der Geräte benötigt wird und sich direkt aus der Umgebung „ernten“ lässt. Verfahren zum „Energy Harvesting“, also die Erzeugung von Strom aus Quellen wie Umgebungstemperatur, Vibrationen oder Luftströmungen, werden immer vielfältiger. Überlegungen gehen so weit, sogar Kaubewegungen oder den Aufprall von Regentropfen „anzuzapfen“.


Neue Material- und Systementwicklungen aus dem Umfeld von Mikro- und Nanotechnologie machen viele Ansätze spannend, die noch vor kurzem allenfalls als Laborkuriositäten galten. Bedarf sehen Fachleute vor allem dort, wo die klassische Energieversorgung mit einer Batterie oder per Kabel unmöglich oder sehr aufwändig ist – wie zum Beispiel bei Implantaten oder Sensoren im Körperinneren des Menschen, aber auch bei Geräten und Anlagen, die zumindest in einigen Bereichen ohne Verkabelung auskommen müssen. Dazu zählen insbesondere Maschinen, die schnelle Bewegungen oder Drehungen um mehrere Achsen ausführen.


Kein Wunder also, dass Energy Harvesting im Fokus der diesjährigen MicroNanoTec 2010 steht, die vom 19. bis zum 23. April im Rahmen der HANNOVER MESSE stattfindet. So bildet dieses Thema einen Schwerpunkt auf dem IVAM-Produktmarkt „Mikro, Nano, Materialien“, der zusammen mit dem IVAM-Forum einen besonderen Treffpunkt im Feld der Mikro- und Nanotechnologie darstellt. „Es gibt eine große Anwendungsbreite für das Energie-Ernten, wobei es in der Regel um maßgeschneiderte Lösungen geht“, sagt Dr. Uwe Kleinkes, Geschäftsführer des IVAM. Eine Schlüsselkomponente stellen Mikrogeneratoren dar, die Energie aus Vibrationen, Stößen, Wärme und Strahlung gewinnen. Die Energy Harvester sind in der Lage, Energie direkt am Einsatzort eines Sensorknotens in elektrischen Strom umzuwandeln. Mit diesen neuartigen Bauteilen lassen sich wartungsfreie drahtlose Sensorsysteme mit theoretisch unbegrenzter Lebensdauer realisieren. An der Entwicklung solch neuartiger Systemlösungen als Alternative zu Batterien, Akkus und Ladegeräten arbeitet die Gruppe „Energieeffiziente Autonome Systeme“ am Institut für Mikro- und Informationstechnik der Hahn-Schickard-Gesellschaft (HSG-IMIT, Villingen-Schwenningen), mit über 70 Mitarbeitern eines der weltweit führenden Forschungsinstitute auf dem Gebiet der Mikrosystemtechnik, in Kooperation mit industriellen Partnern aus unterschiedlichen Branchen. „Wir fertigen Prototypen für mobile Geräte, autonome Sensoren sowie Mess- und Regelsysteme – immer in enger Zusammenarbeit mit unseren meist mittelständischen Kunden“, erklärt Bernd Folkmer, Leiter Energieautonome Systeme am HSG-IMIT.


Kapazitiv, induktiv und piezoelektrisch: clever Energie nutzen


Die Forschungen beschäftigen sich derzeit mit kinetischen Wandlern auf Basis kapazitiver, induktiver und piezoelektrischer Prinzipien. Die Spannbreite reicht von mikrotechnischen Kleinstgeneratoren mit Abmessungen von wenigen Millimetern bis hin zu robusten Lösungen mit einigen hundert Milliwatt Ausgangsleistung für extreme Umgebungsbedingungen. Neben unterschiedlichen physikalischen Wirkprinzipien für die Energiewandlung steht die Einkopplung der Schwingungs- und Stoßenergie in das Mikrosystem im Fokus. Zusätzlich zu klassischen schwingfähigen Systemen sind auch rotatorische, nicht-federnde oder geregelte Harvester möglich. In den Bereichen neuartige Ladekonzepte, Low-Power/Low-Voltage-Schaltungstechnik und drahtlose Anbindungen arbeitet das HSG-IMIT an Lösungen für die Automatisierungs- und Produktionstechnik, Fahrzeuge bis hin zu Landmaschinen, Medizintechnik und Ambient Assisted Living (AAL), Konsumprodukte sowie mobile Kleingeräte.


„Wir unternehmen große Anstrengungen, um drahtlose Sensornetzwerke in unterschiedlichen Bereichen zu etablieren“, so Fachmann Folkmer. Zur Energieversorgung der erforderlichen Sensorknoten werden zukunftsweisende Lösungen benötigt, denn die Betriebsdauer heutiger Energiespeicher ist begrenzt, die Wartungskosten sind hoch und die Entsorgung der Batterien ist aufwändig. Die Beobachtung von Betriebszuständen und Prozessen – das so genannte „Condition Monitoring“ – gewinnt an Bedeutung, insbesondere bei der Überwachung von Maschinen und „intelligenten“ Werkzeugen in der Fertigungstechnik. Teils müssen die Prozessdaten unter extremen Bedingungen – beispielsweise bei der Betonverdichtung – erfasst werden.


Zur Fertigung von Betonsteinen sind bestimmte Formen notwendig, die die gewünschte Geometrie definieren. In diesen Formen wird der Betonwerkstoff während des Fertigungsprozesses unter hohem Druck und sehr starken Vibrationen verdichtet. Mit einem in die Form integrierten kontinuierlich arbeitenden, autonomen und vernetzten Sensorsystem werden die Prozessdaten bei der Betonverdichtung erfasst – insbesondere das Schwingungsverhalten von Form und Produktionsanlage, später auch Temperatur, Feuchte und andere Daten. Dadurch werden die heutigen Formen zu systemrelevanten Komponenten in geregelten Maschinen veredelt und tragen zu Innovationsvorteilen im internationalen Wettbewerb und zum Plagiatsschutz bei.


Im Rahmen eines Verbundvorhabens wird ein kinetischer Energie-Generator entwickelt, der über ein induktives Wandlerprinzip die Vibrationskräfte zur Erzeugung elektrischer Energie nutzt, die im Fertigungsprozess auftreten. Ein Überleben des Systems trotz extremer Bedingungen muss sichergestellt werden. Durch Vorarbeiten der beteiligten Partner ist anhand von Demonstratoren die Machbarkeit eines autonomen Messsystems nachgewiesen worden. Ansätze wie diese werden auf der MicroNanoTec für Diskussionen und neue Erkenntnisse sorgen, Überraschungen nicht ausgeschlossen.


http://www.hannovermesse.de/micronanotec




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