(Bild: Andreas Alt) Übersicht eines HEMTs mit 6 Steuerelektroden. |
Schnellere Transistoren könnten Energie sparen
Transistoren, die Grundbausteine der Elektronik, arbeiten mit Energieverlust und sind Energiefresser. Forscher der ETH Zürich und EPF Lausanne haben nun Transistoren entwickelt, die hohe Schaltgeschwindigkeiten und Ausgangsleistungen erzielen. Sie können deshalb energieeffizienter eingesetzt werden und den Energieverbrauch und die CO2-Emission senken.
Sie bestehen aus komplexen Strukturen, die nur ein paar Nanometer gross sind und stecken in jeder elektrischen Schaltung: Transistoren, auf der Basis von Halbleitermaterialien, die auf ein Grundsubstrat wie Siliziumkarbid künstlich aufgewachsen sind. Colombo Bolognesi, Professor für Millimeterwellen Elektronik an der ETH Zürich, und sein Forscherteam sind spezialisiert darauf, möglichst leistungsfähige Transistoren zu bauen, die mit einer hohen Geschwindigkeit Informationen übermitteln. Hierfür müssen sich die Elektronen schnell durch den Halbleiter bewegen.
Mit so genannten «High Electron Mobility Transistors (HEMTs)» aus Aluminium-Galliumnitrid (AlGaN/GaN) auf einem Silizium-Grundsubstrat hat das Forscherteam von Bolognesi im vergangenen Jahr wiederholt seinen eigenen Weltrekord gebrochen. Nachdem bis dahin mit ähnlichen Technologien gerade mal eine Grenzfrequenz von 28 Gigahertz (GHz) erreicht wurde, gelang es Bolognesi und seiner Gruppe, in den Reinräumen des FIRST-Lab Transistoren mit Frequenzen bis 108 GHz zu bauen.
Neues Material
Nun hat das Team von Bolognesi in Zusammenarbeit mit Nicolas Grandjean, Physik-Professor an der EPF Lausanne, auf ein neues Material gesetzt: Anstatt Aluminium-Galliumnitrid verwendeten die Forscher Aluminium-Indiumnitrid (AlInN/GaN). Der Vorteil ist, dass AlInN eine deutlich grössere Bandlücke («band gap») aufweist als bis anhin verwendete Materialien. Die Bandlücke bestimmt zum Teil die physikalischen Eigenschaften eines Festkörpers. Neue Materialien mit grösseren Bandlücken ermöglichen es, Transistoren zu bauen, die deutlich höhere Temperaturen, Stromspannungen und Leistungen aushalten als solche aus Silizium. «Andere Wissenschaftler haben bereits gezeigt, dass AlInN/GaN Transistoren bei Temperaturen bis zu 1000 Grad Celsius funktionieren – was die Möglichkeiten von Silizium oder AlGaN/GaN bei Weitem übertrifft», sagt Bolognesi.
Bisher galten die AlInN/GaN Transistoren aber als zu langsam. Das konnten die Wissenschaftler nun widerlegen. Es gelang ihnen, den im vergangenen August aufgestellten Rekord von 102 GHz des AlInN/GaN-Transistors auf Silizium mit einem AlInN/GaN-Transistor auf Siliziumkarbid zu brechen. Sie erhöhten die Grenzfrequenz auf einen Schlag um 41 Prozent: auf 144 GHz. «Das ist enorm viel», schwärmt Bolognesi. «Stellen sie sich vor, ein Sprinter würde auf hundert Meter plötzlich 40 Prozent schneller rennen». Sozusagen taufrisch aus dem Labor berichtet Bolognesi, dass sein Team gerade gar Grenzfrequenzen bis 200 GHz gemessen habe. «Das bricht alle bisherigen Rekorde in diesem Forschungsgebiet». Energiekosten sinken
Eine der möglichen Anwendungen ähnlicher Transistoren könnten Verstärker in konventionellen Funkantennen sein. Dort würde sich einer der Vorteile der auf Galliumnitrid basierenden Transistoren, ihre Energieeffizienz, in geringeren Energiekosten niederschlagen. «Ein Netzwerkbetreiber von Mobiltelefonen mit 10’000 Basisstationen, ausgerüstet mit traditionellen Verstärkern, braucht 30 Megawatt Leistung pro Jahr bei einer CO2-Emmission von 100’000 Tonnen», sagt Bolognesi. Etwa 80 Prozent der Energie geht dabei als Wärme verloren und noch mehr, wenn die Senderanlagen gekühlt werden.
Dank Galliumnitrid-Transistoren könnten Netzwerkbetreiber ihren Energieverbrauch deutlich verringern. Dadurch könnten wiederum mehrere zehntausend Tonnen CO2 eingespart werden – 10‘000 Tonnen CO2 entsprechen dem CO2-Austoss von etwa 5‘000 Mittelklasse Autos mit einer jährlichen Fahrleistung von 10‘000 Kilometern. Schweizweit gibt es rund 11‘000 Basisstationen.
ETH-Gespann
Die auf Galliumnitrid basierenden Transistoren könnten die bisherige Effizienz von 15 bis 20 Prozent auf 60 Prozent steigern, davon ist Bolognesi überzeugt. Er vermutet, dass die von seinem Team erzielten Spitzenergebnisse vor allem an dem Prozess-Know-How und Engagement seines Teams, dem Spitzenlabor FIRST und der verbesserten Qualität der verwendeten Materialien liegen. Mit viel Elan, beflügelt durch die erzielten Resultate, versuchen die Forscher nun die Grenzen dieser Technologie weiter auszuloten.
Ganz besonders freut den kanadischen Wissenschaftler aber, dass er und sein französischer Kollege von der EPF Lausanne durch Zusammenarbeit der beiden schweizerischen Hochschulen eine weltweit führende Position in dieser strategisch wichtigen Technologie für die Schweiz einnehmen konnten.
Quelle: ETH Zürich http://www.ethlife.ethz.ch