Deutsch-belgisches Projekt entwickelt „grünen“ Verbundwerkstoff
(Aachen/Gent). Lassen sich Autoteile oder Flugzeugteile eines Tages sogar kompostieren? Von der Textilforschung kommt inzwischen ein vorsichtiges Ja. Jüngst haben deutsch-belgische Experten auf dem Weg dorthin biologisch abbaubare Verbundwerkstoffe zum Leichtbaueinsatz in Transportmitteln entwickelt.
„Nachhaltigkeit“ ist ein großes Wort, das schnell zu einer blumigen Formulierung werden kann, wenn sich kein konkreter ökonomischer oder ökologischer Ansatz damit verbindet. Eine Gefahr, die die Textilforscher Sangeetha Ramaswamy und Bayram Aslan vom Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen University nicht fürchten müssen. Die Diplomingenieure für Maschinenbau/Textiltechnik haben in Kooperation mit dem Belgian Textile Research Centre und dem Sirris Leuven-Gent Composites Application Lab umweltverträgliche Bauteile aus 100 Prozent biobasierten Rohstoffen, also Pflanzenfasern und Biopolymeren entwickelt. Mit dem Projekt wurde, so der Abschlussbericht, eine wirtschaftlich und funktional konkurrenzfähige Alternative zu auf Erdöl basierenden Verbundwerkstoffen gefunden.
Die Forscher hatten zuvor Flachs- und Hanffasern mit aus Pflanzenstärke gewonnenen Polymeren, die zumeist auf Basis fossiler Energieträger hergestellt werden, verbunden. Anschließend wurden Biopolymere und Pflanzenfasern, die die notwendige Stabilität in den „grünen“ Verbundwerkstoff einbringen, erhitzt und so miteinander verschmolzen. Dabei seien laut Textilforscher Aslan die spezifische Festigkeit und mechanische Stabilität der Flachsfasern durchaus mit der von Glasfasern vergleichbar, die heute im Bereich Composites den größten Anteil ausmachen.
Aus diesen sogenannten Biocomposites lassen sich in weiteren Arbeitsschritten Hybridgewebe und -vliese herstellen, die letztlich zu ganzen Autositzen, Innenraumverkleidungen von Autos und Zügen oder gar gering belasteten Flugzeugbauteilen weiterverarbeitet werden können. Entsprechend groß sei laut Aslan das Interesse aus der Industrie schon während der Forschungsarbeiten gewesen.
Wie Dr. Klaus Jansen, Chef des Forschungskuratorium Textil (FKT) als Dachorganisation für 16 Forschungsinstitute betont, habe die deutsche Textilwirtschaft das Thema „Nachhaltigkeit eindeutig auf der Agenda“. Branchenforscher arbeiteten interdisziplinär und mit ausländischen Kollegen mit Hochdruck daran, in zunehmenden Maße auch Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zur Einsatzreife zu bringen. Laut Jansen sei die Entwicklung solcher Technologien zur nachhaltigen Fasergewinnung eine Leitlinie für die Forschung aus der strategischen Technologievorausschau „Perspektiven 2025“, die unter Leitung eines Zukunftslotsen zehn branchen- und wachstumsrelevante Themenfelder identifiziert hat.
Das BMWi hatte das auf europäischer Ebene angesiedelte Nachhaltigkeits-Projekt „Nature Wins“ im Rahmen der Fördervariante CORNET (Collective Research Networking) seines Programms Industrielle Gemeinschaftsforschung gefördert, mit dem vornehmlich transnationale Forschungsprojekte angestoßen werden.
Jetzt den Kurzbericht lesen: http://www.ita.rwth-aachen.de/3-f-und-d/kurzberichte/2013/2013_06_24%20Projecktstechbrief_NatureWins_ASLAN.pdf
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