Autonome Fahrzeuge werden in absehbarer Zukunft unseren Straßenverkehr prägen. Das bringt unweigerlich weitreichende Änderungen der mobilen Gewohnheiten für jeden Einzelnen mit sich, da ein Fahrzeug dem Fahrer künftig immer mehr Aufgaben abnehmen kann. Zu Fragen und technischen Herausforderungen lud die Daimler und Benz- Stiftung anlässlich der Präsentation des Förderprojekts „Villa Ladenburg“ nach Berlin und diskutierte die Ergebnisse mit Medienvertretern in einem Pressegespräch.
Mercedes-Benz hat mit dem Forschungsfahrzeug S 500 INTELLIGENT DRIVE im August 2013 auf der historischen Strecke gezeigt, dass auch im Überland- und Stadtverkehr autonomes Fahren möglich ist. Die rund 100 Kilometer lange Route von Mannheim nach Pforzheim folgte den Spuren der Pionierin Bertha Benz, die auf dieser Strecke vor genau 125 Jahren die erste automobile Fernfahrt gewagt hatte. Im dichten Verkehr des 21. Jahrhunderts musste die selbstständig fahrende S-Klasse hochkomplexe Situationen autonom meistern – mit Ampeln, Kreisverkehren, Fußgängern, Radfahrern und Straßenbahnen. Die Besonderheit: Dieser wegweisende Erfolg wurde nicht durch den Einsatz extrem teurer Spezialtechnologie, sondern mithilfe seriennaher Technik realisiert wie sie ähnlich bereits heute in der neuen E- und S-Klasse verfügbar ist.
„Das Förderprojekt Villa Ladenburg betrachten wir als Think Tank zum Thema Mobilität und Gesellschaft“, so Prof. Dr. Eckard Minx, Vorstandsvorsitzender der Daimler und Benz Stiftung. „Wir wollen Impulse für Wissen setzen, die zur Verbesserung der Lebensverhältnisse beitragen.“ Mit rund 1,5 Millionen Euro fördert die Stiftung daher zwei Jahre lang Wissenschaftler, die sich mit dem autonomen Fahren intensiv auseinandersetzen. Ein Team von vier Spezialisten wird durch einen Projektbeirat, wissenschaftliche Mitarbeiter sowie externe Experten bei seinen Forschungsaktivitäten unterstützt.
Gemeinsam in die Zukunft
Ziel des Förderprojekts Villa Ladenburg ist die Untersuchung der individuellen und gesellschaftlichen Anforderungen des autonomen Fahrens. Prof. Dr. Thomas Weber, Vorstandsmitglied der Daimler AG, Konzernforschung & Mercedes-Benz Cars Entwicklung, und Vorsitzender des Stiftungsrats der Daimler und Benz Stiftung betonte anlässlich des Pressetermins am 19.09. 2013: „Als Automobilkonzern arbeiten wir intensiv an der Vision vom unfallfreien Fahren und treiben damit die technische Umsetzung bis hin zum autonomen Fahren voran.“ Neben der Technologie müssen parallel dazu aber auch die gesellschaftlichen und kulturellen Auswirkungen des automatisierten Fahrens untersucht werden. „Um die Akzeptanz in der Gesellschaft für das automatisierte Fahren zu erlangen, brauchen wir neben der Technik- und Technologiediskussion einen offenen Diskurs mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Kultur“, betont der Stiftungsratsvorsitzende Weber. „Diesen Dialog fördert die Daimler und Benz Stiftung mit ihrem Projekt.“
Das von der Daimler und Benz Stiftung benannte Kernteam von vier Wissenschaftlern bildet ein internationales und fachübergreifendes Netzwerk: Die Professoren Markus Maurer, Barbara Lenz, Hermann Winner und J. Christian Gerdes beleuchten die Thematik im Spannungsfeld Mensch und Gesellschaft, Ökonomie und Markt, Politik und Recht, Technik und Verkehr aus unterschiedlichsten Blickwinkeln. Darüber hinaus kooperieren sie mit ausgewählten Experten, um auch definierte Spezialaspekte wissenschaftlich vertiefen und analysieren zu können – interdisziplinär und transdisziplinär, um die diversen Facetten des autonomen Fahrens abbilden zu können.
Barrieren überwinden
Zahlreiche Fragen liegen auf dem Weg in die Zukunft des autonomen Fahrens. Wird es Akzeptanzprobleme innerhalb der Gesellschaft geben? Wie sehen sie aus und können sie ausgeräumt werden? Könnten in der fortgeschrittenen Übergangsphase noch unerwartete Hemmnisse auftreten? Wenn ja, an welchen Stellen? Wo besteht eventuell spezieller Aufklärungsbedarf? Wer trägt die Verantwortung beim Fahren, wer bei Unfällen? Welche juristischen Fragen ergeben sich daraus? Oder wie ist das Thema medial besetzt? Die Grundlagenarbeit der Wissenschaftler beginnt bei der Identifikation der relevanten gesellschaftlichen und technischen Inhalte. Nur so kann der Diskurs mit den diversen Stakeholdern in der Gesellschaft nachhaltig gestaltet werden.
Prof. Dr. Markus Maurer, Sprecher des Kernteams, erklärt: „Wir wollen die Grundlagen für eine fundierte Diskussion zum autonomen Fahren mit der Öffentlichkeit schaffen – und zwar frühzeitig während der technologischen Forschungsphase.“ Am Ende des zweijährigen Förderzeitraums werden die Spezialisten ein Weißbuch zur ganzheitlichen Betrachtung des autonomen Fahrens vorlegen. Als möglichst umfassende Wissensbasis wird es für Wirtschaft, Politik und Forschung öffentlich zur Verfügung stehen. Veränderungen innerhalb der Gesellschaft sind stets mit wissenschaftlichem Fortschritt verknüpft: So ist das Förderprojekt Villa Ladenburg der Daimler und Benz Stiftung eine zielgerichtete Investition in die Zukunft.
Den vollständigen Bericht können Sie auch in der nächsten Ausgabe der AUTOMOBIL ELEKTRONIK lesen.