Präsenzunterricht erfordert ein Umdenken in der Mangelverwaltung
SchulleiterInnen könnten durch unzureichende Lüftungstechnik unter Druck geraten.
Immer mehr Kommunen und Politiker fordern die Wiederaufnahme eines regulären Schulunterrichts nach den Sommerferien. Lüftungsexperten, Umweltmediziner und Hygienefachkräfte fordern daher eine zwingende Vorlage bzw. Umsetzung von Lüftungs- und Hygienekonzepten an Schulen. Eine Durchlüftung durch Fenster von wenigen Minuten wird nicht ausreichen, so die Experten. Ergänzt mit einer autarken leistungs- fähigen Luftionisation, die auch ohne Lüftungskanäle nachgerüstet werden kann, wird das Infektionsrisiko minimiert. Erste Forschungsergebnisse zu Übertragungswegen des Corona-Virus vom Hermann-Rietschel Institut und eine Aerosol-Studie mit einem Chor zeigen mögliche weitere Handlungsempfehlungen auf.
Forschung für die Praxis
Mit dem Ausbruch des SARS-COVID-2 haben die bisherigen Forschungs-arbeiten des an der TU Berlin angesiedelten Hermann-Rietschel-Instituts (HRI) zum Ausbreitungs-verhalten von luftgetragenen Verunreinigungen in Innenräumen eine zunehmende Bedeutung in der internationalen Forschung erlangt. Um mögliche Übertragungswege des Corona-Virus zu erkennen untersucht das Forscherteam um Institutsleiter Martin Kriegel seit April 2020 auch die Verweilzeit von Erregern in der Luft unter verschiedensten Bedingungen in einem Forschungs-OP.
In verschiedenen Projekten konnte das Forscherteam die sogenannte Sedimentationszeit (Ablagerungszeit) von Partikeln verschiedener Größenklassen messen. Kleine Partikel (0,5 bis 3 μm) sind nach einer Messzeit von 20 Minuten noch nahezu vollständig in der Luft vorhanden. Eine Ablagerung dieser Partikel ist nicht oder nur geringfügig erkennbar.
Für mittlere Partikel (3 bis 10 μm) sind nach einer Messzeit von 20 Minuten noch mehr als 50 Prozent in der Luft zu finden. „Eine weitere Studie des HRI zeigt, dass sich selbst größere Tröpfchen (bis zu 60 μm) unter bestimmten Umständen weit im Raum ausbreiten können. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Partikel im Auftriebsstrom von Wärme- quellen (zum Beispiel von einer Person) emittiert werden. Sie steigen auf, verteilen sich horizontal und fangen erst dann an, sich abzulagern. Eventuelle horizontale Luftbeweg- ungen verstärken den Verbreitungseffekt noch“, so Kriegel.
Im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme eines Berufsalltags in einem mit mehreren Personen besetzten Büro wurde die Partikelausbreitung in einem mit vier Personen besetzten Büro mit und ohne maschineller Lüftung simuliert. „Dabei zeigt sich, dass gerade kleinere Partikel unter 50 μm sich ohne eine maschinelle Lüftung weit im Raum verbreiten und lange verweilen. Im Gegensatz dazu breiten sich Partikel zwischen 5 und 20 μm in einem Raum mit maschineller Lüftung weniger weit aus und werden zu einem Großteil abgeführt“, fasst Kriegel zusammen.
Nach Ansteckungsfällen bei mehreren Chören und weil weltweit nur sehr wenig belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse existieren hat der Bayerische Rundfunk eine Aerosol-Studie mit dem Chor des BR angeregt um das Risiko der Infektionsgefahr für die Sänger abzuschätzen. Gemeinsam mit Prof. Dr. Matthias Echternach, Leiter der Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohren-heilkunde am LMU Klinikum München und Dr. Stefan Kniesburges, Strömungsmechaniker an der Friedrich Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) untersuchen sie in der Studie welche welche Sicherheits-maßnahmen zu treffen sind.Damit lassen sich auch teilweise Maßnahmen für den Gesangsunterricht ableiten.
„Wir haben nach vorne hin im Mittel Abstände von etwas weniger als einem Meter für den gesungenen Text gemessen, einige Sänger erreichten allerdings auch Weiten von 1 bis 1,5 Meter, so dass Sicherheitsabstände von 1,5 Metern wohl zu gering sind und Abstände von 2 bis 2,5 Meter sinnhafter erscheinen. Die Daten beziehen sich allerdings nur auf die direkte Ausbreitung durch den Eigenimpuls beim Singen. Für die Sicherheit der Sänger ist es aber wichtig, dass die Aerosole auch permanent aus dem Raum entfernt werden, damit diese sich nicht ansammeln“, sagt Matthias Echternach.
„Zur Seite hin fanden wir deutlich geringere Abstände als nach vorne, so dass die Abstände hier geringer gewählt werden könnten, etwa 1,5 Meter. Auch hier gilt die permanente Zufuhr von Frischluft, um die Aerosole aus der Luft zu entfernen“, so Stefan Kniesburges.
Gesangsunterricht unter Vorbehalt
In der Studie legen die beteiligten Wissenschaftler dar, unter welchen Gegebenheiten sie – mit Blick auf Abstände der Sänger zueinander und auf die raumklimatischen Verhältnisse – das Singen in Corona-Zeiten für gesundheitlich verantwortbar halten.
„Normaler Schulunterricht ist nicht mit einer Gesangsprobe zu vergleichen, da hier viel weniger Aerosol ausgestoßen wird. Da die Untersuchung von Lüftungskonzepten kein Bestandteil der Studie war, lassen sich die Ergebnisse daher nur eingeschränkt auf den geplanten Präsenzunterricht nach den Ferien anwenden“, ergänzt Kniesburges.
Als Möglichkeit der Risikominderung wird eine ausreichende Lüftung empfohlen. Zu den bekannten Maßnahmen müssen auch die erhöhten lufthygienischen Anforderungen in die Risikobeurteilung eingehen. „Eine erfolgreiche Stoßlüftung ist von den Temperaturunter- schieden abhängig. Ist die Innentemperatur gleich der Außenlufttemperatur findet nur geringer Luftaustausch statt. Beim Singunterricht und in Musikschulen muss der Luftwechsel garantiert werden. „Je nach Luftvolumenstrom wäre beim Singunterricht eine Pause nach einer Zeit von ca. 20 min. nützlich“, regt Kniesburges an.
Luftfilter auf den Prüfstand
Im Internet kursieren derzeit Angebote, die versprechen, dass Luftreiniger mit HEPA-Filter Schadstoffe und Viren dauerhaft bis zu 99,99 % aus der Raumluft entfernen können. Ein Beweis der Aussage ist nicht zu finden. Manche Anbieter wittern das große Geschäft mit der Pandemie und locken im Netz mit trügerischem Versprechen, bestätigt Dr. Klaus Bolst, IWK Bochum Umwelt/Medizin/Raumluftqualität. Hier beschreiben Hersteller, dass Hepa-Filter Partikel bis zu 0,3 Mikrometer abfangen können. Das ist für den Durchmesser von Sars-CoV-2 zu grob. Denn er beträgt nur rund 0,1 Mikrometer, so Bolst. Messungen der letzten Jahre zeigen für die Atemwege mit Konzentrationen an die 5000 ppm gefährliche Ausreißer. Mit dem Start des Unterrichts vor Ort sollten Schulleiter mit Hygieneingenieuren und Lüftungsexperten, wie auch in Krankenhäusern auf der Tagesordnung, gemeinsame Konzepte erarbeiten. Das wird bei dem heutigen Personalschlüssel nur schwer umzusetzen sein. Unter den beschriebenen Mängeln, verbietet es sich den regulären Unterrichtsbetrieb nach den Ferien wieder aufzunehmen. Jetzt sollte die Zeit genutzt werden um raumlufttechnische Maßnahmen auf den Prüfstand zu stellen und Lüftungskonzepte zu entwickeln. In unserem Netzwerk stehen dazu bundesweit wissenschaftliche Experten und Fachplaner zur Verfügung. Die Neuauflage und Nachweisführung der Lüftungs- und Hygienekonzepte sollte zwingend vorgeschrieben werden“, rät Bolst.
Mit Luftionisation leistungssteigernde und gesunde Raumluft schaffen
In der Praxis führt der Sanierungsstau in Schulen schon seit Jahrzehnten zu unzureichender Luftqualität. Marode Fenster in Schulen sind häufig die Ursache unzureichender Luftwechselraten und lassen, wenn überhaupt nur ein eingeschränktes Stoßlüften zu. „Durch die Pandemie kommen „neue“ Wahrheiten ans Licht, die unsere Mangelverwaltung einmal mehr auch in der Lüftungstechnik, verdeutlicht“, schimpft Eckhard Steinicke, Steinicke Handelsgesellschaft.
Luftverunreinigungen in Schulräumen sind nicht nur ein hygienisches Problem, sie beeinträchtigen auch die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit von Schülern und Lehrern. Mit einer erprobten mobilen und wirtschaftlichen Gerätegeneration zum Luftrecycling sind jetzt effiziente und nachhaltige Raumluftkonzepte möglich. Fachgerecht eingesetzt kann das System in Räumen ohne Lüftungsanlagen die Luftqualität durch Sauerstoffaktivierung nachweislich verbessern, aber auch überlastete Lüftungstechnik sinnvoll ergänzen.
Damit belastete Raumluft von Substanzen, wie CO2, ultrafeine Staubpartikel, flüchtige Raumgifte, Sporen, Allergene, Pollen, Keime, Bakterien und Viren gereinigt werden kann sind komplexe Lüftungs- konzepte gefragt. Wie leistungsfähig Lösungen mit Luftionisation sind, zeigt ein Test der damals noch vierten Schulklasse. In dem Klassenraum konnten 2015 lediglich drei Fenster mit einem kleinen Spalt angeschlagen werden und nur ein Fenster funktionierte. Fehlende Lüftungstechnik ließ die Luftbelastung durch Feinstaub bei geschlossenen Fenstern sehr schnell von 1000 ppm auf 3000 ppm ansteigen und somit die zulässigen Grenzwerte um ein Vielfaches überschreiten, blickt Steinicke zurück.
Die Luftqualität im Klassenraum wurde während eines Selbsttestes der Schüler durch zwei in der viermonatigen Studie verwendete Luftreinigungsgeräte ECO CLEAN-Geräte (Bild) von EFS Schermbeck akzeptabel verbessert. „Unsere Messungen im Klassenraum ergeben sogar Werte weit unter 1000 ppm. Die Raumluft in Klassenräumen und Sporthallen stehen bundesweit in der Diskussion und wirken sich negativ auf die Leistungs-fähigkeit von Schülern und Lehrpersonal aus. „Das Referenzprojekt hat gezeigt, dass die Technik schon mit geringen Investitionen auch auf andere Schulen anwendbar ist. Besondere Brisanz liegt hierbei auch in dem Rückruf des „Leitfadens zur Raumluftkonditionierung in Schulen“ durch den Berliner Senat, der mit 2000 ppm höhere Feinstaubgrenzen und CO2 Belastungen in Schulen erlaubt. In zahlreichen Studien wurde nachgewiesen, dass sich die Leistungsfähigkeit von Personen bei schlechter Raumluftqualität reduziert und gesundheitliche Beeinträchtigungend häufiger auftreten. Dieser Gefahr, noch verstärkt durch COVID-19, sind besonders die Schwächsten der Gesellschaft ausgesetzt: Schulkinder, denn mit schlechter Klassenluft sinkt die Lernfähigkeit von Schülern und Spätfolgen sind nicht ausgeschlossen“, so Steinicke.
Tuning für Bestandsanlagen
Nach der Umnutzung eines Büros in einen Schulbetrieb am Berliner Neuen Kranzler Eck wurde bei der Umgestaltung des Lüftungskonzeptes die vorhandene RLT Anlage mit GSB Ionisierungsmodulen vom Typ LH MAG 1000 und LH-UL 250 Deckengeräte ergänzt. Zur Entfernung von Staub, Gerüchen, und Bakterien wurden fünf Umluftgeräte mit einer Luftrate je 250 m³/h (hier ausschließlich Sekundärluft gem. DIN ISO 16798-3) mit Ionen- und Ozonerzeuger und MS- und Aktivkohlefilter verwendet. Die TVOC – Konzentration (Total Volatile Organic Compounds) war über die vom TÜV Rheinland durchgeführte Messreihe im Raum mit 30 ppb, entspricht näherungsweise 0,07 mg/m³, noch deutlich unterhalb des in der VDI 6022-3 empfohlenen Grenzwertes von 60 ppb.
In den Bodenauslässen wurden dazu GSB-Ionisierungsmodule vom Typ LH-MAG 1000 installiert. Diese reichern den Luftsauerstoff mit negativ geladenen Ionen an und aktivieren diesen. Dieser aktivierte Sauerstoff bindet in der Luft befindliche kleine Schmutzpartikel, um die entstandenen größeren Agglomerate effektiver aus der Luft durch Gravitation oder Filtration zu entfernen. Mit einer TÜV-Messreihe wurde nach einjährigem Betrieb im Juni 2018 die Luft kontrolliert. Damit die 1000 ppm eingehalten werden können wurde eine Mindestaußenluftrate von 1.750 m³/h errechnet. Diese wird jedoch um mehr als 50 % unterschritten, wodurch die Anlage auch sehr energieeffizient fahren kann.
Um die Feinstaub, CO2 und andere Schadstoffe zu vernichten, lassen sich wie im Projekt beschrieben LH-MAG 1000 in vorhandene Zuluftkanäle problemlos integrieren und Grenzwerte ohne zusätzliche Fensterlüftung einhalten. Dadurch lassen sich Wechselluftraten und Energieverbrauch senken. Das kompakte Modul ist durch seine Bauweise überall einsetzbar und kann am Ende der Lüftungsleitung die natürliche Ladung in der Raumluft wieder herstellen. Durch den Überschuss an negativen Ionen, den das LH-MAG 1000 produziert, kommt es in der Raumluft zu einer sogenannten Clusterbildung bei den Feinstäuben (positiv geladene Teilchen). Diese Staubcluster besitzen eine größere Masse und setzen sich schneller ab (Sedimentation).
Turnhalle und Aula mit staub- und keimfreier Raumluft
Um der schlechten Raumluftqualität entgegen- zuwirken, wurde bislang mit ständiger Erhöhung der Luftwechselzahlen reagiert, was den Energie-verbrauch und somit die Betriebskosten erheblich in die Höhe schnellen ließ. Einen neuen Ansatz zeigt der neu entwickelte Universal-Hygieneturm für recycelbare Raumluft. An die Raumbedürfnisse angepasst und ohne Eingriffe in die Bausubstanz, lässt sich der Hygieneturm ohne teure Installationen von Lüftungskanälen und dazugehöriger Technik in wenigen Tagen aufbauen. Zusätzliche Energie- einsparpotenziale können die Betriebskosten nachhaltig senken und tragen so zu einer schnellen Refinanzierung bei.
Seit Jahrzehnten wird an Verfahrensoptimierungen zur Luftionisation geforscht. Mit der seit 2016 abgeschlossenen Entwicklung setzte Eckhard Steinicke ein lange angedachtes Projekt für preiswerte und mobile Luftaufbereitungstechnik nach neuestem Stand der Technik um. Mit der Produkteinführung des LH-HGS 3000 Universal-Hygieneturms im Jahr 2016 gelang es, das Know-how in einem Projekt zu sammeln und eine maßgeschneiderte sowie nachweislich kosteneffiziente Lösung für Schulen, Kindergärten, Universitäten und andere Bereiche zu entwickeln. Der luftreinigende und leise Hygieneturm LH-HGS 3000 ist in der Standardausführung für Raumgrößen bis ca. 450 m² ausgelegt und durch den Umluftbetrieb von vorhandenen raumlufttechnischen Anlagen unabhängig. Durch die getrennte und geregelte Erzeugung von Ozon und Ionen wird die Atemluft in den Innenräumen von Feinstaub, Gerüchen, Schadstoffen und anderen Belastungen mittels Luftsauerstoffaktivierung gereinigt.
Hintergrund
In der Arbeitschutzstättenrichtlinie ASR A3.6 „Lüftung“ wird die CO2-Konzentration als anerkanntes Maß für die Bewertung der Luftqualität genannt. Demnach sind bei Werten unterhalb von 1000 ppm, der sogenannten Pettenkofer-Zahl, keine weiteren Maßnahmen bezüglich der Lüftung erforderlich.
Ein Unterrichtsraum stellt im Sinne der Arbeitsstättenverordnung auch eine Arbeitsstätte für Lehrkräfte und Referenten dar.
Nach den Hochrechnungen zum KfW-Kommunalpanel 2020 beläuft sich der von den Kommunen wahrgenommene Investitionsrückstand in Landkreisen, Städten und Gemeinden bundesweit auf 147 Mrd. EUR und liegt damit um neun Mrd. EUR über dem Vorjahreswert. Am höchsten sind die Investitionsrückstände weiterhin bei Schulen (plus drei Prozent auf 44,2 Mrd. EUR), Straßen (plus drei Prozent auf 37,1 Mrd. EUR) und öffentlichen Verwaltungsgebäuden (plus neun Prozent auf 12,9 Mrd. EUR).
Servicelinks:
HRI: https://www.hri.tu-berlin.de/menue/home
GSB: https://www.gsbmbh.com/de/
EFS Schermbeck: http://efs-schermbeck.de
Steinicke Handelsgesellschaft: https://e-steinicke.de
Universitätsklinikum Erlangen, Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie: https://www.hno-klinik.uk-erlangen.de/phoniatrie
Abdruck gegen Belegexemplar oder Link honorarfrei. Bilder, Bildbeschreibung und Skript im download der Pressemeldung im Pressefach unter:
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