Kommunale Wärmewende wird gestärkt

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Fischerbach Neubaugebiet mit Anschlusspflicht: Von 23 Gebäuden sind 20, einige davon bereits in der vierten Saison, am bidirektionalen kalten Nahwärmenetz mit Eisspeicher angeschlossen. (Bild: IWP)

Fischerbach Neubaugebiet mit Anschlusspflicht: Von 23 Gebäuden sind 20, einige davon bereits in der vierten Saison, am bidirektionalen kalten Nahwärmenetz mit Eisspeicher angeschlossen. (Bild: Ein gemeinsames Projekt von innovativSCHMID, energie concepte aus Fischerbach und Ottensmeier Ingenieure aus Paderborn/IWP)

Urteil vom Bundesverwaltungs-
gericht stärkt kommunale Wärmewende: Gemeinden können Wärmenetze künftig leichter durchsetzen

Mühsamer Einzelnachweis über konkreten Klimaschutzbeitrag ist nicht mehr nötig, wenn Anlagen die Vorgaben des EEWärmeG erfüllen.

Städte und Gemeinden können die Nutzung von Wärmenetzen aus Gründen des Klimaschutzes künftig leichter durchsetzen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht kürzlich letztinstandlich entschieden. Am 8. November 2016 ist nun die Urteilsbegründung veröffentlicht worden: Der Anschluss- und Benutzungszwang an ein kommunales Nah- oder Fernwärmenetz, so das oberste Verwaltungsgericht in Deutschland, kann ohne ein zusätzliches Fachgutachten angeordnet werden, wenn die Anlage die Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetzes (EEWärmeG) erfüllt. Ein konkreter Nachweis, dass das Wärmenetz dem Klimaschutz dient, sei dann überflüssig. (Az.: BVerwG 10 CN 1.15). „Der Wegfall des Gutachtens vereinfacht die Planung von Wärmenetzen deutlich“, sagt Dr. Sebastian Helmes, Rechtsexperte des Beratungsunternehmens Sterr-Kölln & Partner. „Das ist eine gute Nachricht für die kommunale Wärmewende.“

Das Bundesverwaltungsgericht hob ein Urteil des sachsen-anhaltinischen Oberverwaltungsgerichts auf, das eine Satzung über die teilweise Fernwärmeversorgung der Stadt Halberstadt für unwirksam erklärt hatte, und verwies die Sache zurück an das Gericht. Das Oberverwaltungsgericht habe nicht geprüft, ob das Wärmenetz den Anforderungen des EEWärmeG entspricht. Den Rechtsstreit in Gang gesetzt hatte eine lokale Wohnungsbaugenossenschaft. Das Oberverwaltungsgericht gab ihr Recht, die Stadt legte daraufhin Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht ein.

„Mit der jüngsten Entscheidung stärkt das Bundesverwaltungsgericht den Kommunen den Rücken“, so Helmes. „Angesichts der unbestreitbaren Vorteile von effizienten Wärmenetzen für den Klimaschutz war kaum nachvollziehbar, dass ein mühsamer Einzelfallnachweis über die konkreten Auswirkungen nötig sein sollte. Das Gericht hat mit seiner Entscheidung nun die Tür weit aufgestoßen für kommunale Wärmeprojekte.“ Der Anschluss- und Benutzungszwang könnte nun eine Renaissance erfahren – die höhere Investitionssicherheit für die Kommunen erleichtert Investitionen in klimafreundliche Wärmenetze.

Der Hintergrund der juristischen Auseinandersetzung sind Bestrebungen in vielen Gemeinden, die Wärmeerzeugung und -verteilung im Gemeindegebiet oder in Teilen davon in die eigene Hand zu nehmen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Ein solcher Schritt ist regelmäßig mit erheblichen Investitionen verbunden, die sich aus kommunaler Sicht nur dann rechnen, wenn möglichst viele der Gemeindebürger mitmachen. Die einzige Möglichkeit, dies rechtlich sicherzustellen, ist der so genannte Anschluss- und Benutzungszwang, mit dem alle betroffenen Bewohner zur Teilnahme verpflichtet werden können.

Zusätzlicher Nachweis ist nicht nötig, werden die EEWärmeG-Vorgaben eingehalten

Diese Möglichkeit, die einen Eingriff in die Rechte der Bürger darstellt, ist allerdings an verschiedene Voraussetzungen geknüpft. In den meisten Bundesländern ist bislang aufgrund der jeweiligen Gemeindeordnung der konkrete Nachweis erforderlich, dass die kommunale zentrale Wärmeversorgung im Vergleich zur dezentralen Versorgung einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz leistet. Dafür mussten die Kommunen regelmäßig kostspielige und zeitraubende Fachgutachten anfertigen lassen, was in vielen Fällen zu Verzögerungen oder sogar zum Aus der Projekte geführt hat.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nun entschieden, dass ein solcher Vergleich dann nicht erforderlich ist, wenn die Anlage die Vorgaben des bundesweiten EEWärmeG erfüllt, also die erzeugte Wärme in einem bestimmten Mindestmaß aus Kraft-Wärme-Kopplung, Abwärme oder erneuerbaren Energien stammt. In diesem Fall, so das Gericht, hat bereits der Gesetzgeber durch die Regelungen im EEWärmeG entschieden, dass diese Form der Energieversorgung dem Klimaschutz dient. Ein konkreter Nachweis für den Einzelfall ist angesichts dessen schlicht überflüssig. Etwas anderes gilt nach Auffassung des Gerichts nur dann, wenn die Wärmeversorgung vor Ort nicht die Vorgaben des EEWärmeG erfüllt. Dann ist ein Anschluss- und Benutzungszwang zwar immer noch möglich, allerdings verschiebt sich der Maßstab. In einem solchen Fall muss die Gemeinde nach wie vor nachweisen, dass die Anlage im Vergleich zur dezentralen Gebäudebeheizung wirklich besser ist.


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