Vom Prototyp zur Serie: Autarke Wärme- und Kälteversorgung
Die Planung eines neuen Standorts für Backer Bau in Hainichen/Sachsen fiel auf ein wärmetechnisch noch nicht erschlossenes Gewerbegrund-
stück nahe der Autobahn. Seit vier Jahren übernehmen seriell gefertigte Betonfertigteile mit integriertem Absorber das Wärme- und Kältemanagement. Verwendet wird die Wärme-
strahlung der Sonne und mittels eines Eisspeichers wird das Verwaltungsgebäude bereits stabil klimatisiert.
Die Nutzung fossiler Brennstoffe kam für Michael Altmann, Geschäftsführer BACKER-BAU, nicht in Frage. Er stellte sich mit seinem Firmenverbund den Herausforderungen und entwickelte gemeinsam mit den FUCHS Fertigteilwerken eine autarke Systemlösung.
„Als Initiator der Technologieentwicklung wollten wir den Beweis antreten, dass die Zeit der Leuchtturmprojekte vorbei ist. Konzepte für energieautarke Nichtwohngebäude, aber durchaus auch im Geschosswohnungsbau sind mit der heutigen Technik bereits wirtschaftlich und energieeffizient zu realisieren. Mit unseren 25 Jahren Bauerfahrung haben wir jetzt mit der SYSCO-Bauweise einige Innovationen auf den Weg gebracht und beim eigenen Bürogebäude umgesetzt. So hatten wir auch das Thema „Eisspeicher“ aufgegriffen und mit unseren Ideen kombiniert“, beschreibt Altmann die Motivation. Das Ergebnis: Der Eisspeicher für sich ist eine multiplikationsfähige Systemlösung und kann unter Berücksichtigung der integrierten Komponenten für fast jedes Gebäude den Wärme- und (!) Kältebedarf abdecken. Durch die Fertigteilbauweise der Innen- und Außenwände sowie dem Einsatz von Holz-Beton-Verbunddecken kann auf Putz und Estrich verzichtet werden. Somit bleibt der Rohbau trocken, der Ausbau kann verzugslos beginnen und die Bauzeit verkürzt sich dadurch erheblich. „In der jetzt gut 4-jährigen Nutzungsphase haben wir neben der hohen, stabilen Energieeinsparung auch ein spürbares „Wohlfühlklima“ mit positiven Auswirkungen auf die Motivation der Mitarbeiter erreicht. Die Betriebskosten laufen saldiert fast gegen „Null“. Sie liegen bei nur noch 50 Cent je m² und Monat“, ergänzt Altmann. Die ersten Projekte sehen wir im Industriebau bzw. Nichtwohngebäudebereich, so Altmann, wie z.B. in Büro- und Verwaltungs-
gebäuden. Dort spielt die Warmwasserbereitung nämlich eine untergeordnete Rolle.
Die Absorber, über etwa 80 m² in der Betonvorsatzschale der Südfassade integriert, sind nur eine Komponente des gesamten Energiesystems. Die Solarenergie wird haupt-
sächlich über Rohrbündelabsorber auf dem Dach „abgegriffen“ und zusammen mit der Wärme aus den Fassadenabsorbern in den Eisspeicher geleitet. Langzeiterfahrungen bestätigen: Die intelligente Kombination von erprobten Solarenergie-Komponenten ermöglichen bereits heute Gebäudeversorgungskonzepte, die weit über den Vorgaben von EnEV und EEG liegen.
Komponenten mit dem Eisspeicher orchestrieren
Für die redundante Energieversorgung aus dem Eisspeicher müssen alle Komponenten auf das Gesamtsystem abgestimmt sein. Schwarze Rohrbündel auf dem Dach heizen das mit frostsicherem Solegemisch gefüllte System zur Regeneration des Eisspeichers auf. Im Hausanschlussraum erfolgt der Wärmetausch aus den Absorbereinheiten in den Solekreislauf des Eisspeichers. Die Heizung und Kühlung des Gebäudes wird über das Deckensystem mit ebenfalls integrierten Kapillarrohrmatten, ertüchtigt als Akustikdecke, realisiert. Dabei arbeitet das Heiz-bzw. Kühlsystem im „Wohlfühlbereich“ der Wärmepumpe bei etwa 30 °C, mit sehr geringen Spreizungen zwischen Vor- und Rücklauf.
Der Eisspeicher als „Soleseite“ ist in Verbindung mit der Wärmepumpe das zentrale Element zur wärme- und kältetechnischen Versorgung des gesamten Gebäudes und muss auf die Verbrauchsleistung abgestimmt sein. Die Wärmepumpe gilt dabei inzwischen als standardisierte Lösung zur Erzeugung von Wärme bzw. Kälte.
Die im Eisspeicher (Wasservolumen) enthaltene thermische Energie wird in der Heizperiode so lange entnommen, bis das Wasser im Zuge des Phasenüberganges gefriert. Die Wärmeentnahme ist dabei so gesteuert, dass das Wasser von „innen nach außen“ und von „unten nach oben“ friert. Eine Beschädigung des Beton-Eisspeichers ist somit ausgeschlossen. Damit der Eisspeicher kontrolliert und nicht zu schnell durch den Energieentzug über die Wärmepumpe gefriert, wird ihm über die verschiedenen Komponenten Wärmeenergie zugeführt (Regeneration). Dadurch ergibt sich eine Mehrfachnutzung der Kristallisationsenergie während des Phasenübergangs von Wasser zu Eis und umgekehrt. Als Komponenten wurden bei diesem Projekt die Absorber in der Fassade, unter den PV- Elementen sowie die Rohrbündelabsorber auf dem Flachdach aufeinander abgestimmt. In der Wirkungskette zusammengefasst erbringen sie zu bestimmten Anforderungszeiten Wärmeeinträge in den Speicher und verzögern somit das Gefrieren des Wassers. Der Speicher wird dadurch auch in der „schlechten“ Jahreszeit immer wieder teilgeladen. Die Laufzeit der Wärmepumpe wird über ein spezielles Steuerungsprogramm auf den Moment der optimalen Medienzufuhr beschränkt.
Das System verfügt über sechs Betriebsvarianten, davon zwei mit Wärmepumpenabschaltung, beispielsweise wenn die Absorber wetterabhängig eine ausreichende Temperatur zur Verfügung stellen. In dem Fall wird über einen Bypass an der Wärmepumpe vorbei direkt in den Heizkreislauf über eine Pumpe „gefahren“. Mit dem im Erdreich gelagerten Behälter ergeben sich durch die „Erdwärme“ zusätzliche kostenfreie Energieeinträge. Der Eisspeicher „verwaltet“ so die unterschiedlichen Energieeinträge und speist damit die Wärmepumpe bei gleichzeitiger Optimierung.
Das Verfahren ermöglicht eine quasi kostenfreie Eisbildung am Ende der Heizperiode. Daraus ergibt sich ein weiterer energetischer Vorteil: Das Gebäude kann im Sommer „zum Nulltarif“ klimatisiert werden. Das Behältervolumen, d.h. die Eismenge, ist darauf bemessen, das Bürogebäude über einen längeren Zeitraum ohne Nutzung der Wärmepumpe zu kühlen.
Weiterer Vorteil: Das Wasser im Eisspeicher benötigt keine Zusätze. Das Verfahren kann somit ohne Einschränkungen überall, also auch in Trinkwasserschutzgebieten eingesetzt werden.
Geht man einen Schritt weiter, so wäre in dieser Kombination auch ein E-Plus Gebäude machbar. „Die vier Jahre Laufzeit der technischen Anlage haben gezeigt, dass Vorgaben und Normungen ingenieurtechnisches Know-how bereits in der Planungsphase behindern können. Ist man sich dagegen mit dem Investor oder Bauherrn einig, kommen Lösungen wie diese zu Stande“, so Altmann. Die erzielbaren Ergebnisse liegen demnach über den normativen „Mindestanforderungen“ von EnEV und EEG. Mit wenigen Systemkonfigurationen könne das System künftig auch auf strengere Richtlinien getrimmt werden. Für Gebäude mit positiver Energiebilanz beim Heizen und Kühlen sieht Altmann in der Eisspeichertechnologie und der SYSCO-Bauweise erhebliches Marktpotenzial. „Erfolg verpflichtet: Jetzt arbeiten wir bereits an einer kombinierten Elektro- und Wärmeenergieerzeugung im Fertigteil“, so der Geschäftsführer.
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