Umweltjurist bemängelt Frackingentwurf

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Prof. Dr. Alexander Roßnagel;Leiter des Fachgebiets/Bild:Uni Kassel

Der Umweltjurist und Frackingexperte Prof. Dr. Alexander Roßnagel sieht trotz des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur umstrittenen Gasfördermethode noch Fragen offen. Der Entwurf konzentriere sich auf die Genehmigung einzelner Bohrlöcher, erfasse aber nicht Gesamtfolgen und Nutzungskonflikte auf der Oberfläche (wie Beeinträchtigung des Tourismus) und unter der Erde (wie Folgen für die Geothermie), so der Wissenschaftler der Universität Kassel, der das bisher einzige Buch zu Rechtsfragen des Fracking geschrieben hat: „Neben der jeweiligen Zulassung der Bohrlöcher im Einzelfall, auf die sich der Entwurf des Bundesumweltministeriums und des Bundeswirtschaftsministeriums beschränkt, sind auch diese Massenauswirkungen aufzuklären und zu regeln.“ Es brauche einen Gesamtplan, „der Gebiete für das Fracking ausschließt und andere Gebiete grundsätzlich als geeignet vorsieht. Ein Claim-Abstecken nach Wild-West-Manier wie in den USA muss unbedingt vermieden werden.“

 

 

Am Dienstag hatten Bundesumweltminister Peter Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorgestellt, der das hoch umstrittene Fracking regeln soll. Mit dieser Fördermethode wird Gas durch Aufsprengen von tief liegenden Gesteinsschichten mit Hilfe von giftigen Chemikalien gewonnen. In den USA wird das Verfahren bereits umfangreich eingesetzt.

 

 

„Die wichtigste Erfahrung, die ich aus einem Besuch der Gasfelder in Pennsylvania mitgenommen habe, ist das Massenphänomen“, so Roßnagel, der das Fachgebiet Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Umwelt- und Technikrecht an der Universität Kassel leitet. „Wir dürfen nicht nur das einzelne Bohrloch betrachten, sondern müssen vor allem auch die Summenwirkungen auf der Oberfläche und tief in der Erde beachten.“ In den USA überzögen Hunderte von Bohrplätzen mit ihrer Infrastruktur an Pipelines und Wegen ländlich geprägte Gebiete mit einer industriellen Infrastruktur und gäben dem gesamten Gebiet ein anderes Gepräge, gab Roßnagel zu bedenken: „Dadurch werden Erholung, Tourismus, Landschaftsschutz und Naturschutz stark beeinträchtigt.“ Er warnte: „Unterirdisch werden große Gebiete in den Gas führenden Schichten flächendeckend zerbröselt und – wie ein Schwamm – mit Frackfluid gefüllt. Diese Masseneffekte sind bisher weder ausreichend untersucht noch zufriedenstellend geregelt.“ Neben der Zulassung einzelner Bohrlöcher seien diese Effekte zu regeln. „Dies müsste nach ersten Untersuchen der Eignung möglicher Gebiete zum Beispiel in einem Regionalplan erfolgen, auf der Grundlage einer strategischen Umweltprüfung und demokratisch legitimiert“, forderte Roßnagel.

 

 

Roßnagel warnte zudem davor, in Fracking-Gas eine Lösung für die Klimaprobleme zu sehen: „Erdgas ist sauberer und klimaverträglicher als Braun- und Steinkohle. Würde es nur dafür benutzt, diese zu ersetzen, wäre es zu begrüßen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass es auch – siehe die Diskussion um die Energiepreise – den Ausbau erneuerbarer Energien behindert. Dies muss vermieden werden. Denn Fracking-Erdgas in Deutschland könnte den Bedarf an Gas nur für etwa zehn Jahre decken, letztlich also nur beim Übergang helfen, nicht aber das Klimaproblem lösen.“

 

Roßnagel begrüßte hingegen, dass der Entwurf der Bundesregierung zwei wichtige Forderungen der Kritiker aufgegriffen habe: kein Fracking in Wasserschutzgebieten und kein Fracking ohne Umweltverträglichkeitsprüfung. „Dadurch ist erstens sichergestellt, dass Trink- und Heilwasservorräte nicht unmittelbar bedroht werden. Zweitens werden in jedem Zulassungsverfahren die Umweltauswirkungen detailliert prognostiziert und in einem Bürgerbeteiligungsverfahren erörtert. So kann die Bevölkerung ausreichend Informationen über die Gefährdung ihres Trinkwassers erhalten und selbst politischen Druck aufbauen, wenn das Risiko zu groß erscheint“, so Roßnagel. Er fügte hinzu: „Wir wissen viel über Fracking und seine Auswirkungen, aber immer noch nicht genug, um sicher sein zu können, wo es riskant und wo es vertretbar erscheint. Hier sind viele Untersuchungen und Forschungen notwendig, insbesondere zu Fracking ohne Biozide. Aber auch streng kontrollierte Probe-Fracks sollten möglich sein, um bestimmte Fragen, die für die Risiko-Einschätzung wichtig sind, beantworten zu können.“


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