Zukunftslandkarte für besseren Hochwasserschutz

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Zukunftsforscher Thomas Strobel /Foto: M. Richter

Der Münchner Zukunftsforscher Thomas Strobel will nach der Flut die Flut von Überlegungen für ein wirksameres Hochwasser-Risikomanagement in einer Zukunftslandkarte bündeln. Kern seiner Forderung an die Politik ist ein
Rückhaltebeckenplanungsundgenehmigungs-
beschleunigungsgesetz, das wie entsprechende Vorranggesetze zum Bau von Verkehrswegen und Stromtrassen eine radikale Änderung der Hochwasserprävention einleiten soll.

Die Jahrhundertfluten an den Flusssystemen von Donau und Elbe in historisch kurzen Abständen von nur elf Jahren haben den auf industrielle Nachhaltigkeit spezialisierten Zukunftsforscher Thomas Strobel (www.fenwis.de) auf den Plan gerufen. Angesichts des Teilversagens von Politik und Gesellschaft, eine klare Kehrtwende bei der Renaturierung von Flussläufen einzuleiten – durch den flussnahen Besiedlungsboom stehen den Hauptwasserläufen nur noch 20 Prozent ihrer natürlichen Überschwemmungsgebiete zur Verfügung – regt der 49-Jährige ein konzertiertes, länderübergreifendes Konzept an. Dafür sollten Klimafolgen- und Zukunftsforscher ebenso Gehör finden wie Wasserwirtschaftler, Umweltschützer, Stadtplaner, Bürger und Behörden.

„Ich kann zwar nicht das nächste große Hochwasser voraussagen, doch die nächste Jahrhundertflut wird sich wohl kaum erst nach 2050 einstellen. Diese kommende Naturkatastrophe ist damit schon jetzt angesichts der verheerenden aktuellen Schäden mehr als (be)greifbar.“ Strobel fordert angesichts der vergleichsweise nur langsamen Fortschritte zum Hochwasserschutz nach 2002 (Rückhaltebecken und Flutmauern scheiterten oft am Einspruch der Bürger; ein Großteil der Deiche entspricht nicht den Sicherheitsstandards; Forschungserfolge zum Hochwassermanagement wie textil- und sensorbasierter Deichschutz wurden gar nicht oder nur teilweise in die Praxis umgesetzt) einen internationalen, länder- und nationenübergreifen Realisierungsplan. „Wegen langwieriger Einsprüche und Gerichtsverfahren für den Straßenbau gibt es ein Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz, für Flüsse aber weder ein Verbot bei der Ausweisung von Wohngebieten in Überschwemmungszonen noch ein Rückhaltebeckenplanungsundgenehmigungsbeschleunigungsgesetz.“

Was, so fragt der auf Zukunftslandkarten spezialisierte Übermorgen-Forscher, macht das Hochwasser heute schlimmer als früher? Dazu nennt der Ex-Siemens-Mann zwei Hauptgründe: Die weiter zunehmende Besiedlungsdichte, die die Anzahl der möglichen Betroffenen bei Überschwemmungen erhöht. Auch das Bestreben, Deiche zu erhöhen und Überflutungsmauern zu errichten, bedeute eigentlich nur, die Probleme nach dem St. Florians-Prinzip an die Nachbarn bzw. an die Unterläufe der Flüsse weiter zu geben.

„Brechende Deiche haben dann zur Folge, dass große Wassermassen plötzlich und unkontrolliert Gebiete überfluten, die damit geschützt werden sollten. Wasser gezielt in dafür vorgesehene und vorbereitete Ausgleichsflächen zu leiten ist deshalb die beste Schadensbegrenzung“, so Strobel.

Zukunftslandkarte als Orientierungshilfe

Sein Credo: Nicht das Machbare denken, sondern das Denkbare machen. Deshalb müsse auch in Sachen Hochwasser-Gefährdung Abschied von der rein erfahrungsbasierten Vorausschau genommen werden. Mit der bloßen Vergangenheitsfortschreibung könnten die jetzigen Rekordegel in Passau (nach 500 Jahren) und Halle (400 Jahre) kaum erklärt werden. „Unsere menschliche Fähigkeit, Entscheidungen auf der Grundlage von Intuition und Erfahrung zu treffen, wird heute durch die Vielzahl gleichzeitiger Veränderungen entwertet. Deshalb wird es zur Entscheidungsvorbereitung wichtiger, zwischen Erfahrungen der Vergangenheit und einem ‚vorausschauenden Fahren‘ in die Zukunft eine Brücke zu schlagen“, so der Forscher. Als geeignete Orientierungs- und Entscheidungshilfe auch dafür bietet sich das Konzept einer Zukunftslandkarte an. Deren Grundlagen sind u. a. Team-„Expeditionen“ in die Zukunft (weite Vorausschau z. B. in das Jahr 2050, um von dort dann Jahrzehnte zurück in das Jahr 2025 in eine nähere Zukunft zu blicken), die Erfassung und Wertung interdisziplinärer Megatrends sowie daraus die Ableitung von Handlungserfordernissen und innovativen Ideen.


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