Krankenhauskeime: Neue Oberflächenbeschichtungen als Lebensretter

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In Thüringen kommen Wissenschaft und Wirtschaft erstmals an einem Tisch

 

 

(Jena) Bei der Prävention oft tödlicher Infektionen durch Keime kommen neuartige antibakteriell wirkende Oberflächen ins Spiel. Sie sollen die Ausbreitung aggressiver Bakterienstämme verhindern, die gegen Antibiotika resistent sind. Weil nach Infektionen im Krankenhaus jährlich in Deutschland bis zu 40.000 Menschen sterben, melden sich jetzt Materialforscher aus Wissenschaft und Industrie zu Wort. Auf der ersten Fachkonferenz zu antibakteriell wirkenden Materialoberflächen (www.thgot.de) im deutschsprachigen Raum am 4. September in Zeulenroda wollen sie die Nutzung funktionalisierter Oberflächen im Medizinbereich und anderen Branchen diskutieren. Einen einleitenden Überblick über den Stand der Forschung sowie Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze gibt Prof. Dr. Jörg Tiller von der Technischen Universität Dortmund.

 

 

Antibakterielle Beschichtungen von Fadenmaterialien können effizient u. a. OP-Risiken minimieren, Neurodermitis-Kleidung verbessern, Geruchsbildung in Bekleidung, unter Gipsverbänden, Stützbandagen oder Orthesen minimieren. /Bild: innovent

Er betonte vorab, dass es kein antimikrobielles Universalrezept gebe, fast jedes System eine den Umfeldbedingungen angepasste spezifische Lösung benötige: „Mit kontaktaktiven Oberflächen kann man etwa im Trinkwasserbereich gut arbeiten, stark keimbelasteten Flächen erfordern aber andere Wege“. Diese unterschiedlichen Erfordernisse böten entsprechend vielfältige Chancen für die umsetzende Industrie. Tiller will auf dem Workshop zudem aussichtsreiche Beschichtungen vorstellen, die kein umweltbelastendes Biozid freisetzen, oder dies „on demand“ nur bei realer Kontamination tun. Damit werde auch das Risiko minimiert, die Ausbildung neuer resistenter Bakterienstämme zu fördern.

 

 

Chance für die Wirtschaft

Häufig verbreiten sich die resistenten Keime über Hautkontakt mit Oberflächen vielfach berührter Gegenstände wie Türklinken, Klingelknöpfe, Vasen oder Touchscreens. Weil sie sich mit Antibiotika nicht bekämpfen lassen, sollen die Funktionsoberflächen ihre Eindämmung schon im Vorfeld sichern. Die Suche nach entsprechenden wissenschaftlichen Zusammenhängen und ihre technologische Umsetzung in Materialien und Produkte stellen Wissenschaft und Wirtschaft jedoch unverändert vor enorme Herausforderungen. Zugleich beinhaltet sie jedoch Chancen für Unternehmen ganz unterschiedlicher Branchen, die neue Produkte etwa für den Gesundheitsmarkt entwickeln oder vorhandenen neue Eigenschaften verleihen wollen. Tiller ruft dabei zu mehr unternehmerischem Mut auf. Im Ergebnis einer restriktiven Gesetzgebung werde die Liste industriell genutzter Biozide aktuell „eher kürzer denn länger“; das forciere geradezu die Ausbildung neuer Resistenzen: Hier könnten innovative Unternehmen sich durch Kooperation mit der Wissenschaft echte Alleinstellungen sichern.

 

Transfer beschleunigen

Dr. Bernd Grünler, Geschäftsführer des Forschungs-instituts Innovent

„Unser Workshop zum Trendthema Antimikrobielle Oberflächen bringt Forscher und Anwender zusammen, soll den Transfer von Wissen und Lösungsansätzen beschleunigen“, erläutert Dr. Bernd Grünler, Geschäftsführer des ausrichtenden Forschungsinstituts Innovent aus Jena.

Forschen an neuen Beschichtungen, die kein umweltbelastendes Biozid freisetzen.

Im direkten Dialog erhielten die Wissenschaftler Einblick in Praxisanforderungen, die Unternehmen bekämen Zugang zu neuestem Know-how und Entwicklungstrends als Orientierungshilfe für die eigene strategische Ausrichtung. Innovent hat sich in den letzten Jahren zu einem gefragten Transferpartner bei antibakteriellen Beschichtungen auf Basis der Plasmatechnologie unter Normaldruckbedingungen entwickelt. Beim Workshop stellt das Institut patentrechtlich geschützte Lösungen zur Einlagerung von Silberpartikeln in abgeschiedene Funktionsschichten vor.

 

Standardisiertes Testverfahren verfügbar

An Zulieferer der medizinischen Versorgung und des Pflegebereichs ebenso wie an eine breite Unternehmenspalette von der Telekommunikation über Haus- oder Computertechnik, Sanitär bis hin zur Kunststoff-, Glas- und Textilindustrie richtet sich beispielsweise die Offerte eines Wissenschaftlerteams um Dr. Uta-Christina Hipler vom Universitätsklinikum Jena. Gemeinsam mit INNOVENT-Experten entwickelte es ein kostengünstiges, schnelles und vor allem transparentes Test- und Nachweisverfahren zu einer tatsächlich antibakteriellen Wirkung. Das standardisierte Verfahren bewährte sich bereits bei der Testung von Textilien und Verbandstoffen. Zusätzlich wollen die Uni-Mediziner in Zeulenroda praxiserprobte antibakterielle Zink- und Kupferapplikationen präsentieren, die eine Alternative zur – mit Ausnahme von Medizintextilanwendungen – umstrittenen Nutzung von Silber-Ionen bieten.

 

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